Nepal: Österreich hilft den Erdbebenopfern

Trümmerberge, wo vor wenigen Tagen noch Tempel standen: Das Ausmaß der Zerstörung in Kathmandu ist enorm.
100.000 Euro vom Roten Kreuz sollen die Anschaffung von Hilfsgütern in Kathmandu sichern. Österreicher, die zum Zeitpunkt des Bebens vor Ort waren, packen an, um zu helfen.

Das Schlimmste waren die Schreie, die durch das Dorf hallten, als das Beben abklang. Es war wie ein stetiger, kollektiver Hilferuf von allen Dorfbewohnern", schildert die Ärztin Gerda Pohl die Minuten nach dem Beben. Die Österreicherin war zum Zeitpunkt der Katastrophe gerade im Bezirk Sindhupalchok, um dort für die Organisation "Phase Austria" humanitäre Hilfe zu leisten. Die Region ist eine der am schwersten betroffenen – und dass es in die meisten Orte keine Straßenverbindung gibt, verschlimmert die Situation zusätzlich.

Nepal: Österreich hilft den Erdbebenopfern
Österreich/Flughafen, 26. April 2015: Das Österreichische Rote Kreuz entsendet die beiden Katastrophenhelfer Andrea Reisinger und Georg Ecker morgen Früh nach Kathmandu. Reisinger hat zwischen 2007 und 2009 in Nepal gelebt und dort für das Rote Kreuz gearbeitet. Georg Ecker ist Trinkwasserexperte. Beide stammen aus Oberösterreich und beide waren nach dem schweren Erdbeben in Haiti im Einsatz. In Nepal werden sie die Rotkreuz-Kollegen bei Sofortmaßnahmen unterstützen.
"Viele Menschen waren sofort tot. Jene, die es aus den Häusern schafften, haben schwere Schnitt- und Schürfwunden, die genäht werden mussten", sagt Pohl. 90 Prozent der Häuser sind zerstört – und viele Nutztiere haben das Beben nicht überlebt. Schweren Herzens musste sich die Ärztin nach zwei Tagen Hilfseinsatz in Sindhupalchok in die Hauptstadt Kathmandu aufmachen, weil ihrem Team das medizinische Material ausging.

Notunterkünfte

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Nepal Ärztin Gerda Pohl
Auf dem Weg dorthin sind auch Andrea Reisinger und Georg Ecker vom Roten Kreuz. Aufgrund des starken Nachbebens vom Sonntag erreichten die KatastrophenhelferNepal mit einigen Stunden Verspätung. Schneller kamen die 100.000 Euro des Roten Kreuzes als Soforthilfe an. Damit werden die Menschen in Notunterkünften versorgt. "An strategisch wichtigen Punkten wurden Katastrophenhilfe-Lager errichtet. Von dort aus werden Hilfsgüter wie Decken, Lebensmittel und Babynahrung, Zelte und Planen verteilt", erklärte Max Santner, Leiter der internationalen Zusammenarbeit beim Österreichischen Roten Kreuz.

Die internationale Hilfe für Nepal ist voll angelaufen. Auch Österreich hilft: Aus dem Auslandskatastrophenfonds stellte die Republik 500.000 Euro zur Verfügung. Damit soll rund 75.000 Personen geholfen werden. Die Caritas hat die Nothilfe auf 250.000 Euro aufgestockt.

"Als Samstagmittag das Hauptbeben den Boden unter unseren Füßen zum schwanken brachte, herrschte Panik", berichtet die Medientrainer und Journalistin Claudia Schanza aus Nepal. "Die Einwohner zitterten vor Angst, liefen aus ihren Häusern und blieben stundenlang, tagelang in der Mitte der breiten Strassen stehen, kauerten auf Plätzen und Grünflächen, wo sie vor herabfallenden Dächern und Gebäudeteilen sicher waren", so Schanza, die selbst die Nacht nicht im Hotelzimmer, sondern im Innenhof des Gebäudes verbrachte. Und zwar gemeinsam mit Schweizern, Amerikanern und Engländern, "die alle wie ich nur eines wollten: heim".

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Earthquake victims receive medical treatment outside the overcrowded Dhading hospital, in the aftermath of Saturday's earthquake, in Dhading Besi, Nepal April 27, 2015. REUTERS/Athit Perawongmetha
"Wir rechneten eigentlich jeden Tag damit, dass es zu einem größeren Erdbeben kommt", sagt die 48-jährige Tina Lang im KURIER-Gespräch. Als aber der Erdbebenwarner in ihrer Wohnung im dritten Stock nicht enden wollte, war ihr angst und bang. Sie kroch unter einen Tisch. "Ich bin mir vorgekommen wie auf einer Schaukel."

Starker Regen

Lang kommt aus dem burgenländischen Bad Sauerbrunn, unterrichtete in Nepal Straßenkinder und studiert derzeit an einer Uni in Kathmandu Buddhismus und Tibetologie. In dem Stadtteil, wo sie lebt, sind die neugebauten Häuser sehr stabil. Die älteren Gebäude sind zerstört oder stark beschädigt. Viele Leute können nicht in ihre Häuser zurück. Seit dem Beben schlafen sie im Freien. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es stark regnet. "Die Leute frieren, sie haben keinen Schutz so wie ich (Winterschlafsack, Anm.)." Die Leute stöbern in Mistkübeln, um Plastiksäcke zu finden und sich damit zuzudecken.

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nepal
Kritik übt die 48-Jährige an der Regierung. In Zeitungen wäre zu lesen, dass die Bevölkerung gut verpflegt werde. "Aber das stimmt nicht." Die Geschäfte in Kathmandu haben teilweise zwar geöffnet: "Aber nur reiche Leute können sich Essen besorgen."

Noch schlimmer als in Kathmandu ist die Lage in den Bergen. "Mönche haben erzählt, dass ganze Dörfer unter Schlamm liegen, Tote herumliegen und Schwerverletzte vergeblich um Hilfe bitten." Tina Lang appelliert an die Österreicher: "Bitte spenden Sie, Sie können sich die Not und das Elend hier nicht vorstellen."

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Die 24-jährige Urusha aus Kahmandu hat das Beben unverletzt überlebt: "Es geht uns gut. Meine Familie und ich haben aber große Angst vor den Nachbeben", schreibt die 24-Jährige auf Facebook. "Und schon wieder ein großes – was für Zeiten wir erleben!" Wie Tausende andere will auch Urushas Familie nicht in ihr Haus zurück. Das Auto ist daher zum Unterschlupf geworden.

Mindestens 3900 Menschen sind bei dem schweren Erdstoß, der Nepal am Samstag erschütterte, ums Leben gekommen. Zehntausende wurden verletzt. Laut UNICEF brauchen mindestens 940.000 Kinder dringend humanitäre Hilfe.

Kein Platz für Verletzte

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Urusha
Die Krankenhäuser sind so überfüllt, dass viele Verletzte kaum Aufnahme finden. Zahlreiche Menschen müssen draußen vor den Kliniken behandelt werden. Zudem gibt es Probleme mit der Stromversorgung: "Wir sind nicht in der Lage, die Maschinen am Laufen zu halten, weil wir keinen Strom bekommen", sagt die Krankenschwester Pramila Shrestha.

Am Mount Everest ist indes die Bergung der festsitzenden Bergsteiger angelaufen. Die österreichische Bergsteigerlegende Peter Habeler hat gefordert, der Rettung der Ärmsten Priorität einzuräumen: Viele Nepalesen befänden sich in einer weit schlimmeren Notlage als die Alpinisten. Habeler sagte, die Situation im Everest-Basislager sei viel besser als in den verschütteten Dörfern. "Da fliegt der Hubschrauber drüber und sieht, dass die Häuser kaputt sind", so der 72-jährige Everest-Kenner. Man müsse befürchten, dass es in den Tälern noch viel mehr Tote gibt als bisher bekannt.

Berichte über tote oder verletzte Österreicher gab es nicht. Allerdings gab es gestern, Montag, weiter keinen Kontakt zu rund 20 der insgesamt 80 Österreicher, die derzeit in der Region sind.

Der heftige Erdstoß in Nepal war auch für das reiche Kulturerbe des Landes ein schwerer Schlag. Im Zentrum der Hauptstadt Kathmandu sowie in den angrenzenden Königsstädten Bhaktapur und Patan, die wie weitere Anlagen im Kathmandu-Tal auf der Liste des Weltkulturerbes stehen, wurden mehrere Tempel und Statuen aus dem 12. bis 18. Jahrhundert beschädigt oder ganz zerstört. Zu den Attraktionen von Kathmandu gehörte bis zum Erdbeben der neunstöckige, 62 Meter hohe Dharahara-Turm. Das Bauwerk stürzte in sich zusammen, mehrere Menschen wurden verschüttet.

Im Palastviertel von Patan, dem "Durbar Square", stürzten durch das Erdbeben zwei große Tempel zur Gänze ein, berichtete der Wiener Thomas Schrom dem KURIER (siehe Bild). Ebenso verloren zwei Pagodentempel der Göttin Taleju jeweils ihre obersten Dächer. Ein schlechtes Omen für die Bevölkerung: Auch die Statue von König Yoganendra Malla, die auf einer hohen Steinsäule thronte, kippte um. "Überreste davon werden im Patan Museum aufbewahrt." Dieses benachbarte Museum wurde über Jahre unter Schroms Leitung mit Geldern der österreichischen Entwicklungshilfe restauriert. "Nur der Ostflügel des Sundari Chowk Palastes, an dem gerade die Restaurierung lief, wurde dem Boden gleichgemacht."

Der Experte P. D. Balaji von der indischen Universität Madras äußerte angesichts der massiven Zerstörungen Zweifel, dass die Gebäude jemals wieder vollständig aufgebaut werden können: "Es ist ein irreparabler Verlust."

Im Tal von Kathmandu reihen sich auf wenigen Kilometern sieben Weltkulturdenkmäler aneinander. Die vier kunstvoll erbauten Tempel und drei Paläste zeugen von der tief religiösen und politischen Geschichte des armen Himalaya-Staates.

CARE IBAN: AT77 6000 0000 0123 6000 BIC: OPSKATWW, Kennwort: "Erdbeben Nepal"

SOS Kinderdorf IBAN: AT62 1600 0001 0117 3240, BIC: BTVAAT22, "Nepal Nothilfe"

Diakonie Katastrophenhilfe IBAN: AT85 2011 1287 1196 6333, BIC: GIBAATWWXXX, "Erdbeben Nepal"

Arbeiter-Samariter-Bund IBAN: AT97 1200 0006 5412 2001, BIC: BKAUATWW "Erdbeben Nepal"

Johanniter-Unfall-Hilfe IBAN: AT30 1200 0006 8404 7707, BIC: BKAUATWWXXX, "Erdbeben Nepal"

Volkshilfe IBAN AT77 6000 0000 0174 0400, "Nepal"

UNICEF IBAN: AT46 6000 0000 0151 6500, "Nothilfe Nepal"

World Vision IBAN: AT22 2011 1800 8008 1800, BIC: GIBAATWW, "Nepal"

Dreikönigsaktion IBAN: AT23 6000 0000 9300 0330, "Erdbebenhilfe Nepal"

Jugend Eine Welt IBAN: AT66 3600 0000 0002 4000, BIC: RZTIAT22"Nothilfe Nepal"

Plan International IBAN: AT08 3100 0001 5097 8261, BIC RZBAATWW "Erdbebenhilfe Nepal"

ADRA IBAN: AT37 1100 0086 1666 6700, BIC: BKAUATWW

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