Maut im EU-Wartehäuschen

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU): Bremse Merkel
Deutsche Pkw-Maut für Ausländer muss vorher Brüssel freigeben. Die Niederlande wollen sich Wiens Klage anschließen.

Die Vorgabe des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Horst Seehofer lautete: Noch vor der Sommerpause soll der Gesetzentwurf fertig sein, mit dem Deutschland eine Autobahnmaut einführt, sie aber den eigenen Bürgen erstattet. Die wäre dann ab 2015 fällig geworden. Doch dazu wird es nun nicht so schnell kommen.

Kanzlerin Merkel hat Seehofers Intimus in ihrem Kabinett, Verkehrsminister Alexander Dobrindt, eine Hürde aufgebaut, die er bis nächste Woche kaum mehr überspringen kann: CDU-intern ließ sie verlauten, dass sie der von ihr immer schon skeptisch gesehenen Maut nur dann zustimmen werde, wenn er eine "Unbedenklichkeitserklärung" der EU-Kommission vorweisen kann.

Und die ist weiter nicht in Sicht. Dobrindt war am Donnerstag extra dafür in Brüssel, um Verkehrskommissar Siim Kallas von seinen "Eckpunkten" zu überzeugen. Sie sollten auch Merkels Wahlversprechen erfüllen, den Deutschen keine neue Steuer aufzulasten. Doch Kallas beharrte auf dem EU-Prinzip, dass EU-Bürger gegenüber Einheimischen nicht diskriminiert werden dürfen. Das wäre aber durch das bisherige Modell der CSU der Fall, deutschen Autobahnbenutzern die Kfz-Steuer um den Betrag der Maut zu kürzen.

Keine neuen Ideen

Und andere Ideen hat Dobrindt, der im Herbst den CSU-Wahlkampf in Bayern mit dem Hauptthema Autobahnmaut organisiert hatte, offenbar nicht. Die CSU hatte mit dem von ihr geschürten Vergeltungswunsch der Bürger über die Maut in Bayerns Nachbarländern viele Stimmen geholt. CDU-intern wird Merkels Bremsen mit den Herbst-Wahlen in drei östlichen Bundesländern begründet, wo eine Maut eher für Ärger sorgen würde.

In Berlin rechnet man nun mit noch längerer Verzögerung: Es wird wohl die neue EU-Kommission 2015 über die auch in Deutschland umstrittene CSU-Forderung entscheiden. Sollte Brüssel ein bisher unbekanntes Modell akzeptieren, vergeht noch ein Jahr bis zur Einführung eines deutschen "Pickerls". Es wird – und soll – vor allem Österreicher bei der Durchfahrt durchs "Deutsche Eck" treffen. Denn in Österreich gilt seit Herbst auch auf den ersten Kilometern nach der Grenze strenge Mautpflicht.

"Möglicherweise können wir uns einer solchen Klage anschließen", sagte die niederländische Infrastrukturministerin Melanie Schultz van Haegen dem Nachrichtenmagazin Focus laut Vorausmeldung vom Samstag. Auch ein führender EU-Parlamentarier kündigte Widerstand an. "Sobald das Konzept vorliegt, werde ich prüfen, welche Schritte wir unternehmen können", sagte die rechtsliberale niederländische Politikerin. Das deutsche Mautsystem müsse jedenfalls so gestaltet sein, dass es "nicht diskriminierend oder unverhältnismäßig" sei. SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures hatte bereits mehrmals, zuletzt Anfang Juni, mit einer Klage gegen die deutsche Pkw-Ausländermaut beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) angedroht.

Der verkehrspolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, der Niederländer Wim van de Camp, sagte, es sei ausgeschlossen, die Pkw-Maut nur für Ausländer wirksam werden zu lassen. "Das geht gar nicht. Das ist Diskriminierung. Ich erwarte, dass die Kommission in diesem Punkt standhaft bleibt", sagte er Focus.

Deutschland will für die Benützung von Autobahnen eine Vignette einführen, faktisch aber nur ausländische Pkw-Lenker belasten. Die deutschen Autofahrer, sollen nämlich in den Genuss einer Senkung der Kfz-Steuer im Ausmaß des Vignettenpreises kommen. Verkehrsminister Alexander Dobrindt sagte der "Bild"-Zeitung (Samstagsausgabe), er rechne mit Einnahmen von 2,5 Milliarden Euro innerhalb der vierjährigen Legislaturperiode durch die Maut. Zugleich versprach er, dass deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belastet werden.

Laut Focus gelang es Dobrindt nicht, die Bedenken von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas zu zerstreuen. Kallas beharre weiter darauf, dass die deutschen Mautpläne EU-Bürger nicht diskriminieren dürfen und halte außerdem das europäische Verbot einer Verrechnung von Maut und Kfz-Steuer aufrecht.

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