Geiselnahme war nicht geplant

APA12673964-2 - 10052013 - MUSCAT - OMAN: Der, im Jemen am 21. Dezember 2012 entführte Österreicher Dominik N. und zwei weitere finische Entführungsopfer am Donnerstag, 9. Mai 2013, am Flughafen in Muscat, Oman vor dem Abflug nach Wien. APA-FOTO: AFP/STR
Die erste Befreiungsaktion platzte wegen Unstimmigkeiten. Finnen sind von ihrer Regierung enttäuscht.

Nach und nach klären sich die Hintergründe der Entführung des Wiener Sprachstudenten Dominik N. und eines finnischen Pärchens im Jemen. Sie sollten gar nicht entführt werden, sondern gerieten offenbar in einen missglückten Raubüberfall.

Die Entführung der drei Europäer aus einem Elektronikgeschäft in der Hauptstadt Sanaa löste bei Beobachtern Verwunderung aus. Zwar sind Entführungen im Jemen keine Seltenheit, aber in die Hauptstadt hätten sich die Kidnapper bisher kaum getraut.

Die Entführung sei vermutlich auch nicht geplant gewesen, erzählten die Geiseln nach ihrer Freilassung. Der Fluchtwagen war viel zu klein. Es waren keine Fesseln vorbereitet. Die Opfer wurden nur notdürftig mit Kopftüchern gefesselt.

Nach der Tat wussten die Entführer nicht, was sie mit den Geiseln anfangen sollten. Sie begannen hektisch zu telefonieren. Als Sprachstudent verstand Dominik N. jedes Wort. Bei den Telefonaten ging es immer nur um die Frage: „Wer will sie haben?“

Spätestens da war den Entführten klar, dass sie Opfer einer Zufallstat wurden. Dominik N. vermutete später, dass die Täter nur einen Überfall planten, etwa auf einen Geldboten – und dass sie dazwischen geraten waren.

Nach etwa einer Woche kam es dann tatsächlich zu einer Übergabe an „Profis“ einer regionalen El Kaida-Gruppierung der AQUAP (El Kaida auf der arabischen Halbinsel).

Geiselnahme war nicht geplant

Großoffensive

Parallel zu einer Großoffensive des jemenitischen Militärs gegen die mutmaßlichen Entführer lief eine Befreiungsaktion auf diplomatischer Ebene. Finnlands Außenminister Erkki Tuomioja lobte nach dem erfolgreichen Abschluss die „ausgezeichnete internationale Kooperation“.

Das gilt aber vermutlich nur für die diplomatische Ebene. Zwischen dem finnischen und dem österreichischen Auslandsgeheimdienst war es zu schweren Verstimmungen gekommen. So hatten die Österreicher bereits vor etwa drei Monaten ein Befreiungskommando samt Learjet bereitgestellt. Der Flug musste im letzten Moment aber wieder abgeblasen werden. Die Finnen hätten es verbockt, so die Vermutung in österreichischen Sicherheitskreisen. Der Hauptvorwurf gegen die Kollegen: Sie würden präpotent und unkooperativ auftreten. Damit hätten sie die gutwilligen Kollegen vom omanischen Militärgeheimdienst verprellt. Das wäre auch der Grund, warum die Österreicher die Operation alleine weitergeführt und schließlich zum Abschluss gebracht hätten.

Im Stich gelassen

Auch die finnischen Geiseln Matte und Leila K. zeigten sich nach der Freilassung von ihrer Regierung enttäuscht. Sie hatten in Gesprächen mit den Kidnappern den Eindruck bekommen, dass sich die Finnen angeblich nur halbherzig bemühen würden. Bei der verordneten Erklärung vor dem Abflug am Flughafen Maskat ließen sie sich nur widerwillig dazu bewegen, sich nicht nur beim Sultan von Oman, sondern auch bei der finnischen Regierung zu bedanken. Im Wiener Heeresspital nutzte Leila K. die Verspätung der finnischen Delegation, um den von den Entführern stammenden schwarzen Tschador wieder auszupacken und demonstrativ anzuziehen und meinte: „Sie (die Diplomaten, Anm.) sollen sehen, wie wir behandelt wurden. Denn sie haben uns im Stich gelassen.“

Geiselnahme war nicht geplant
Member of the European Parliament (MEP) Carl Haglund (L) and President of the Group of the Alliance of Liberals and Democrats for Europe (ALDE) Guy Verhofstadt address a news conference on "reforming the EU budget" at the European Parliament in Brussels January 11, 2011. REUTERS/Thierry Roge (BELGIUM - Tags: POLITICS BUSINESS)
Eine kühle Atmosphäre gab es auch nach der Rückkehr in Finnland. Das Paar gab nur ein kurzes Statement ab. Ein Sprecher des Außenministeriums beeilte sich zu versichern, dass es das Wichtigste gewesen wäre, kein Lösegeld zu zahlen. Und Verteidigungsminister Carl Haglund erklärte, dass man den Armeeangehörigen Atte K. schon vorher sehr nachdrücklich von der Reise abhalten wollte.

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