Vatileaks: "Das Verfahren ist absurd"

Die italienischen Journalisten Fittipaldi und Nuzzi auf dem Weg in den vatikanischen Gerichtssaal
Zwei Journalisten angeklagt: Geheime Dokumente über Verschwendungssucht der Kardinäle veröffentlicht.

Zwei bunt uniformierte Schweizer Gardisten bewachen den Eingang zum vatikanischen Tribunal. Nur wenige Schritte von der Wohnung von Papst Franziskus entfernt wurde am Dienstag der Vatileaks-Prozess eröffnet – und nach 70 Minuten Verhandlungsdauer auf Montag vertagt.

Erstmals in der Kirchengeschichte müssen sich auch zwei Journalisten vor dem Tribunal verantworten. Den Enthüllungsjournalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi wird vorgeworfen, sich auf illegale Weise streng geheime Vatikandokumente besorgt und veröffentlicht zu haben. Drei weitere Personen stehen vor Gericht: PR-Agentin Francesca Chaouqui, Monsignore Lucio Angel Vallejo Balda, der sich in Untersuchungshaft befindet, sowie Nicola Maio. Die Angeklagten arbeiteten für die von Papst Franziskus eingerichtete Cosea-Kommission zur Prüfung der Vatikan-Finanzen.

Verschwendungsucht

Erst vor knapp drei Wochen erschienen die Bücher von Nuzzi ("Via Crucis" – auf Deutsch: Alles muss ans Licht) und von Fittipaldi ("Avarizia"). Berichte über immense Verschwendungssucht der Kardinäle, sorglosen Umgang mit Spendengeldern und kriminellen Bankgeschäfte im Vatikan gelangten an die Öffentlichkeit.

Nur mit Pflichtanwalt

"Im Vatikan ist es ein Delikt, als Journalist über Missstände zu berichten. Ich werde jedoch weiterhin als Journalist arbeiten", erklärte Nuzzi entschlossen. Er kritisierte, dass er nicht einmal seinen eigenen Anwalt mitbringen dürfe. Daher müsse er sich einen vom Vatikan bestimmten Pflichtanwalt nehmen. Die vatikanische Justiz stelle sich gegen europäisches Recht, das Medien- und Pressefreiheit verteidige. "Das Verfahren ist kafkaesk und absurd", sagte Nuzzi.

Nicht nur ihm, sondern der gesamten Pressefreiheit in Italien würde der Prozess gemacht, sagt Fittipaldi: "Wir werden sehen, ob wir bei diesem Prozess alle Möglichkeiten der Verteidigung ausschöpfen können." Neben dem Gerichtspräsidenten Giuseppe Dalla Torre werden sich auch die beiden vatikanischen Richter Paolo Papanti Pellettier und Venerando Marano mit dem Fall beschäftigen.

Nur acht Journalisten sind zu dem Vatileaks-Verfahren im Gerichtssaal im Vatikan zugelassen. Der Prozess dürfte kurz dauern – spätestens bis zum "Giubileo" am 8. Dezember sollen die Urteile fallen. Dann wird das von Papst Franziskus ausgerufene Heilige Jahr des "Jubiläums der Barmherzigkeit" in Rom eingeläutet.

Die Solidarität mit den angeklagten italienischen Enthüllungsjournalisten ist groß. Die OSZE appellierte an die Verantwortlichen im Vatikan, die Vorwürfe gegen die Medienleute zurückzuziehen. Der Verein der Auslandskorrespondenten in Rom liefert Rückendeckung: Zu den Menschenrechten würden nicht nur die vom Vatikan verteidigte Religionsfreiheit, sondern auch die Meinungsfreiheit zählen. Es sei Pflicht der Medien, die Öffentlichkeit über Missstände zu informieren und so zu Lösungen beizutragen.

Im Internet wurde eine groß angelegte Solidaritätskampagne mit dem Titel "No Inquisizione" – Nein zur Inquisition – gestartet.

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