Mit dem Kochlöffel gegen Vorurteile

Das Flüchtlingslager Grande-Synthe in der Nähe von Calais
Drei Wochen lang wollen zehn Frauen in einem Lager gemeinsam mit Flüchtlingen kochen.

Gemeinsames Kochen schafft Brücken und baut Vorurteile ab: Das meinen zehn Französinnen, die im Lager Grand-Synthe im Norden des Landes drei Wochen lang für die Bewohner kochen wollen – natürlich gemeinsam mit den Flüchtlingen. Das Projekt soll ein Zeichen der Solidarität sein mit den zahlreichen gestrandeten Menschen, die in dem Lager ausharren – und hoffen, auf irgendeinem Weg nach Großbritannien zu kommen.

"Chefköchin" Vanessa Krycève und ihre neun Kolleginnen sind zwischen 25 und 35 Jahre alt. Sie wollen während des Projektes "Le Recho" abwechselnd französische Gerichte und solche aus den Heimatländern der Flüchtlinge kochen. Jeden Tag soll ein Mittagessen für 150 Menschen zubereitet werden. Am Nachmittag hilft das Team den Bewohnern, für rund 300 Personen ein Abendessen zu kochen.

Rezeptkultur

"Ein Rezept ist die Brücke zu deinen Erinnerungen", sagt die Initiatorin. "Es ist etwas, das du mit dir herumträgst, ein Teil deiner Kultur und deiner Wurzeln."

Zwei Tage pro Woche sind nur für Frauen reserviert. In den von Männern dominierten Lagern seien diese sonst fast unsichtbar, weil sie sich zurückziehen, meint Krycève. Das soll sich beim gemeinsamen Kochen ändern. Den engagierten Französinnen geht es vor allem um Verbindung und Gemeinschaft – über alle kulturellen Gräben hinweg.

Doch Vanessa Krycève und ihre Kolleginnen haben bei ihrem Projekt noch weiter gedacht: In örtlichen Restaurants und Lokalen werden immer wieder Küchenhilfen gesucht. Daher wollen sie Flüchtlinge mit Kochtalent wenn möglich weitervermitteln. "Le Recho" soll also auch eine Jobbörse werden.

Crowdfunding

Dem Projekt in Frankreich sollen nächstes Jahr ähnliche in Belgien, Deutschland und Griechenland folgen. Freiwillige haben dafür rund 50.000 Euro gesammelt, den größten Teil durch Crowdfunding.

Das Lager von Grande-Synthe wurde 2015 von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen errichtet. Auf dem Gelände befinden sich Sanitäranlagen, Gemeinschaftsküchen und eine Schule. Grande-Synthe liegt etwa 30 Kilometer von Calais entfernt – eine Durchgangsstation für Menschen, die illegal nach Großbritannien gelangen wollen.

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