Im Gänsemarsch auf den Everest
Im südlichen Basislager auf 5400 m Höhe ist der neuseeländische Rotwein im Preis inkludiert, postet einer, der bereits vor drei Jahren auf dem Gipfel stand. Dafür musste er 65.000 Dollar zahlen – mit vollem Sherpa-Service. Wer den höchsten Berg der Welt auf der Nordroute von tibetischer Seite aus besteigen will, „viel windiger“, steht im Posting, kann das auch um 20.000 € schaffen. Für die Gipfelgebühr sind 10.000 € zu entrichten.
Reinhold Messner, der vor 25 Jahren gemeinsam mit Peter Habeler den Gipfel erstmals ohne künstlichen Sauerstoff bezwang, sieht den Everest-Tourismus äußerst kritisch. Zum 60. Jahrestag der Erstbesteigung von Sir Edmund Hillary und seinem Sherpa Tenzing Norgay sendet ZDF am Dienstag um 20.15 Uhr, eine Dokumentation über den „Mythos Mount Everest“, der nicht nur für Pioniertaten steht, sondern auch für viel Leid, Ausbeutung der Träger und große Umweltverschmutzung.
Von April bis Ende Mai ist ein wetterbedingtes Zeitfenster nach dem Winter und vor dem Monsun und damit Hochsaison auf dem Berg. Hundertschaften wagen den Aufstieg auf 8848 m.
Leiter am Hillary Step
Bald kann man es dorthin auch über eine fix installierte Leiter schaffen, die den ambitionierten Laien über die schwerste Stelle, den Hillary Step, bringt. Das löst im Netz Empörung aus. Heuer musste man sich auf die Fixseile verlassen, die die Sherpas zum Saisonauftakt in den Fels gehauen haben. Dabei kam es beinahe zu einem Gewaltausbruch zwischen Sherpas und Bergsteigern, die ohne Rücksicht geklettert waren und beinahe einen Steinhagel ausgelöst hätten.
Heuer könnte erstmals die Rekordsaison 2007 mit 630 Gipfelsiegen getoppt werden. Vorigen Freitag stand mit dem Japaner Yuichiro Miura der älteste Mensch auf dem Gipfel. Er ist 80, doch sein Konkurrent aus Nepal, Min Bahadur Sherchan, will es mit 82 Jahren noch wissen. Erstmals schafften heuer eine 26-jährige unterschenkelamputierte Inderin und ein Nepal-Kanadier, dem beide Hände fehlen, den Aufstieg. Der Jüngste auf dem Berg war 2010 der Amerikaner Jordan Romero mit 13 Jahren. Die erste Gipfelstürmerin aus Saudi-Arabien ließ sich erst am Sonntag nach ihrer Rückkehr feiern.
Die Alpinisten lassen den Dreck, auch Zelte und Sauerstoffflaschen zurück. 2010 starteten 20 Sherpas eine Initiative – sie räumen auf und bergen die Toten. 219 waren es bis Mai 2011. Nur jene Sherpas wie Apa Sherpa, der bis 2011 21-mal auf dem Gipfel stand, verdienen prächtig. Die Träger in den unteren Abschnitten werden nicht mehr wie Hochgebirgsspezialisten behandelt, sondern wie Lastesel bepackt und unwürdig schlecht bezahlt. In Profil werden überdimensionierte Gepäckladungen auch der Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner und ihrem Mann Ralf Dujmovits zugeordnet. Dujmovits veranstaltete bis 2011 mit seiner eigenen Agentur Bergreisen.
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