Heldinnen der Aids-Waisen
Sogar Hühnerrupfen mag sie, sagt Maria. Aber das Kochen liebt die schmale 13-Jährige, die aussieht wie ein Volksschulkind. Überhaupt alles, was irgendwie mit Essen zu tun hat, denn fünf Jahre lang durchlebte das Mädchen viele Tage, an denen es nichts gab. Nach dem Vater starb auch noch die Mutter an Aids und zurück blieben, im ärmsten Landstrich des ohnehin bitterarmen afrikanischen Mosambik, Maria und ihre drei Geschwister.
Zum Trauern war keine Zeit. Wer hier in der dünn besiedelten Savanne nicht für sein eigenes Überleben sorgt, seinen kargen Acker pflegt und dort sein Essen erntet, wer nicht Kilometer weit bis zur nächsten Wasserstelle läuft, der geht zugrunde. Nachbarn, die selbst kaum genug zum Leben haben, können nicht helfen. Und ein Jugendamt, dass die Hunderttausenden Aidswaisen des Landes aufnimmt, gibt es in Mosambik nicht.
Fahrrad als Luxus
An die zweihundert Aidswaisen werden derzeit in den Grenzregionen Chibabava und Machanga von mobilen Pflegemüttern des Hilfswerks betreut. Manhar Samuel ist eine von ihnen. Jeden Tag schwingt sich die junge Witwe – auch ihr Mann starb an Aids – auf ihr gespendetes Fahrrad und radelt viele Kilometer zu ihren 13 Pflegekindern. Sorgt dafür, dass sie Essen und Kleidung bekommen. Achtet darauf, dass sie zur Schule gehen und lernen, wie man sich vor Aids schützen kann.
Jede fünfte schwangere Frau trägt heute in Mosambik den HIV-Virus in sich. Offiziell wird die Aids-Quote im Land mit 15 Prozent angegeben. Tatsächlich dürfte bereits jeder vierte der rund 23 Millionen Menschen im Land infiziert sein. Die Folge: Eine ganze Generation, schwindet dahin. Um so verheerender, als in Mosamik Menschen kaum älter als 50 Jahre alt werden. Sterben die Eltern, sind für ihre Kinder meist auch keine Großeltern mehr da.
Ein bisschen Glück im großen Unglück hatten die 13 Enkelkinder von Augusta Rita Amos. Drei ihrer Töchter und deren Ehemänner hat die betagte Frau an Aids verloren, jetzt leben alle ihre Enkel bei ihr. Ohne eine neue, von Spendengeldern errichtete Hütte – mit festem Mauerwerk und Blechdach – wäre dies nicht möglich gewesen.
Botschaft an die Geister
Zur Einweihung des von allen Nachbarn bestaunten Hauses wird eigens ein „Heiler“ herbeigebeten. Eine Flasche Bier, ein Cola, Kräuter, Tabak und mindestens zwei Liter Doro, den selbstgebrannten Hirseschnaps der Region, hat er mitgebracht. Nicht für sich – der Heiler der Stadt Muxungue braucht diese Ingredienzen, „um die Geister der Vorfahren zu benachrichtigen“. Denn selbst das schönste Haus werde vom Unglück verfolgt, warnt der Heiler, „wenn die Geister nicht gebeten werden, nichts Böses zu tun.“ Und so setzen sich die drei Dutzend Teilnehmer folgsam in den Sand. Ziehen ihre Schuhe aus, senken die Köpfe, klatschen und singen, wenn es der Heiler verlangt und lauschen andächtig seinen eindringlichen Beschwörungen.
Augustas ältester Enkel, der 13-jährige Manuel, ist begeistert. Was er im neuen Haus machen wird: „Wenn es regnet, werde ich meinen Kopf aus dem Fenster stecken und zuschauen, wie es draußen tropft. Und ich werde nicht einmal nass werden!“
Spenden auch erbeten an das Hilfswerk International Austria, Stichwort „Mosambik“. Erste Bank, BLZ: 20111, Kontonummer: 30000000080.
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