Glock: Österreichs tödlicher Beitrag zur US-Popkultur

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Nicht nur bei Polizei, Militär und Kriminellen, auch popkulturell ist Glock mittlerweile nicht mehr aus Amerika wegzudenken.

Glock ist alles andere als eine sympathische Firma. Sie produziert Waffen. Werkzeuge für den Tod. Kunden hat die Firma dennoch genug. Nicht nur in Österreich, sondern weltweit. Ausgestattet werden Militärs, Polizei und sonstige Sicherheitsbehörden genauso wie Terroristen (u.a. Anders Breivik; legal erworben), Amokläufer (u.a. David S. in München, illegal erworben) und Kriminelle – offiziell natürlich unfreiwillig.

Leistbar ist sie für fast jeden, egal ob legal oder illegal. Kostet eine Glock 17 im Wiener Waffenladen knapp 700 Euro, muss man auf dem Wiener Schwarzmarkt etwas tiefer in die Tasche greifen, dort ist sie für 1700 Euro zu haben. Wie oft das Werkzeug bisher erfolgreich – also tödlich – eingesetzt wurde, weiß niemand. Genauso wie fast niemand außerhalb des Glock-Universums etwas über Details, Geschäftspartner, Geschäftspraktiken und ähnliches der Firma weiß. Interviewanfragen sind Glock nicht einmal eine Absage wert, am Telefon wird nur eine Mailadresse genannt. Vorwürfe gegen die Firma gibt es genug, doch wer die Waffengeschäfte kritisch hinterfragt, wird gerichtlich verfolgt. Das bekam unter anderem 2012 Amnesty International zu spüren, die Glock aufforderte, den Weg einer Glock 17 in das Krisengebiet Sudan aufzuklären – Waffenexporte in Krisenländer sind von der UNO untersagt. Glock ging dafür bis in die letzte Instanz, verlor aber die Ehrenbeleidigungsklage.

Mörderische Geschäftspartner

Dass man es bei Waffengeschäften nicht immer mit den besten Partnern zu tun hat, bekam Firmengründer Gaston Glock am eigenen Leib zu spüren. Am 27. Juli 1999 versuchte ein ehemaliger Fremdenlegionär den mittlerweile 87-Jährigen Kärntner in Luxemburg zu töten. Nicht mit einer Glock, sondern einem Hammer. Auftraggeber war Charles „Panama-Charly“ Ewert, ein ehemaliger Geschäftspartner Glocks, der dafür zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde. Es ging um Geld. Viel Geld. Glock ist Weltmarktführer im Bereich Pistolen und brachte es alleine im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 501,6 Millionen Euro.

Die andere Erfolgsgeschichte

Aber nicht nur beim Verkauf seiner Waffen, auch in der Popkultur ist Glock mittlerweile eine Bastion. Diese Erfolgsgeschichte beginnt am 23. Jänner 1987. Über die amerikanischen TV-Schirme flimmert die neueste Episode von „Miami Vice“. Es geht um kubanische Verbrecher, Mord und Drogen. James „Sonny“ Crockett (Don Johnson) ermittelt, kämpft und prügelt sich. Wie so oft in der erfolgreichen Krimiserie der 1980er-Jahre. In einer Szene nimmt er einem kubanischen Rebellen eine Waffe ab, die es noch weit bringen wird: die Glock 17. Die Szene gilt als einer der ersten popkulturellen Auftritte der österreichischen Pistole in Amerika. Viele sollten folgen.

"Perfektion in Plastik"

Die Geschichte des österreichischen Exportschlagers beginnt allerdings einige Jahre früher, Anfang der 80er-Jahre. Das Bundesheer braucht eine neue Handfeuerwaffe für seine Soldaten – Seitenwaffe heißt es im Jargon -, denn die Walther-P38 aus dem 2. Weltkrieg hat ausgedient. Ist bis heute Steyr der Lieferant des Vertrauens für das Sturmgewehr, überzeugt Gaston Glock mit seiner neuartige Konstruktion: wenig Einzelteile (33), hoher Anteil an Kunststoff (40 Prozent). Das macht die Waffe nicht nur leicht zu tragen, sondern auch leicht zu reinigen und leicht zu modifizieren. Alles in allem ein gelungenes und zuverlässiges Produkt Made in Austria, "Perfektion in Plastik" titelte einst der Zeitschrift Soldier of Fortune.

Ab 1985 wird die Pistole auch in den USA verkauft. Und an Despoten wie dem früheren syrischen Diktator Hafez al-Assad und den lybischen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi. Auch wenn das zu diesem Zeitpunkt unbestätigte Geheimdienstgerüchte sind, titelt Sensationsjournalist Jack Anderson am 15. Jänner 1986 seine Kolumne in der Washington Post mit: "Gaddafi kauft österreichische Plastik-Pistolen".

Zahlreiche Artikel folgen, die Telefone bei Glock stehen nicht mehr still. Ist der Name Glock bis dahin kaum einem Waffenfan bekannt, interessiert sich nun jeder für die 9mm-Pistole aus Deutsch-Wagram - dort steht die Firma. Es gibt eben keine schlechte Werbung.

Plastik erobert Hollywood

Ebenfalls in den 80er-Jahren entwickelte sich eine neue Werbeform: Product Placement. Dabei zahlen Hersteller dafür, dass ihr Produkt in einem Film oder einer Serie gezeigt oder von den Protagonisten verwendet wird. Während Manner und Co. Geld von Österreich nach Hollywood überweisen, um gesehen zu werden, gibt es von Glock nur eine Erlaubnis, aber keinen einzigen Cent. Die Produzenten sind nicht auf Haselnussschnitten angewiesen, dafür auf Waffen. Denn was wäre John Rambo ohne seinen Bogen oder James Bond ohne seine Walther PPK?

Taucht die Glock 17 bereits 1987 in „Miami Vice“ im Patschenkino auf, braucht es für die große Leinwand noch ein paar Jahre. In dem Buch „Glock: The Rise of America’s Gun“ plaudert Michael Papac, Waffenmeister für Filmproduktionen wie „Predator“ mit Arnold Schwarzenegger und „Lethal Weapon“ mit Mel Gibson und Danny Glover, aus dem Nähkästchen. Während der Dreharbeiten zu „Predator“, erinnert sich Papac in dem Buch, „hörte ich immer wieder von der Glock, dieser Plastikpistole.“ Mit dem Auftrag den zweiten Teil von „Stirb Langsam“ mit Bruce Willis waffentechnisch auszustatten, hat auch die Glock 17 bei der Premiere 1990 ihren ersten Blockbuster-Auftritt.

In einer Szene des Filmes brüllt John McClane (Bruce Willis) einen Flughafenpolizist mit folgenden Worten an: „Dieser Idiot hat eine Glock 7 auf mich gerichtet! Wissen Sie, was das ist? Das ist eine Keramikpistole made in Germany, die man bei der Durchleuchtung auf ihrem Flughafen nicht sieht. Sie kostet mehr, als Sie in einem Monat hier verdienen!“

Auch wenn inhaltlich nichts an diesem Zitat stimmt – es gibt keine Glock 7, die Waffe stammt aus Österreich und nicht aus Deutschland, sie besteht zu 40 Prozent aus Plastik und nicht aus Keramik und auch beim Röntgen am Flughafen sieht man sie – wird der Monolog zu einer Lieblingsszene der Waffenliebhaber weltweit. Und die Glock 17 zu einer Lieblingswaffe der Filmausstatter. Auf der Seite Internet Movie Firearms Database – eine Art Wikipedia für Waffen in Filmen – gibt es hunderte Einträge alleine für die Glock 17 (alle anderen Modelle ausgenommen) in Filmen, Serien und Computerspiele. Ob die Liste vollständig ist, darf bezweifelt werden.

„Hand on the Glock“

Aber nicht nur Actionfilme leben mit und von Waffen, auch der HipHop und Rap. Speziell im Gangsta-Rap dürfen Schießeisen nicht fehlen. So taufen sich Rapper schonmal Mack 10 oder Gloc-9 und reimen auch regelmäßig über ihre Lieblingswaffe. Auch hier scheint die österreichische Glock das Non-Plus-Ultra zu sein. Titel wie „Mask and Da Glock“ von der Three 6 Mafia, „Hand on the Glock“ von Cypress Hill oder „Ain’t No Glock“ von TRU tragen die Glock bereits im Titel. Zahlreiche Songs in den Texten. Beispielsweise rappte Tupac Shakur auf seinem Debütalbum 1991 in dem Song „Soulja’s Story“: „Keep my shit cocked, cause the cops got a glock too / What the fuck would you do - drop them or let 'em drop you? / I chose droppin the cop / I got me a glock, and a glock for the niggaz on my block“. Fünf Jahre später ist Tupac Shakur tot. Erschossen. Angeblich mit einer Glock.

Anders als bei Filmen ist die Firma Glock aber scheinbar kein Fan von Rapmusik. Business Week schreibt in einem Artikel, Anwälte von Glock haben in den 90er-Jahren Plattenfirmen informiert, dass sie sich gegen die Benutzung ihres Namens in Rap-Songs verwehrten. Geändert hat das freilich nichts an den Texten.

#MyGLOCKtober

Wie beliebt und erfolgreich Glock besonders in Amerika ist, zeigt sich auch in den Social-Media-Zahlen. Über 1,6 Millionen Menschen folgen der offiziellen Facebook-Seite auf der nicht nur dem Erfinder und Firmenchef Gaston Glock gehuldigt, sondern auch über die neuesten Produkte informiert und die PR-Keule geschwungen wird. Weil eine Challenge nicht fehlen darf, gibt es aktuell #MyGLOCKtober. Dabei werden die User aufgerufen, die „besten Herbst- und Halloween-inspirierten Fotos der eigenen Glock“ hochzuladen.

Neben zahlreichen Fanseiten auf Facebook finden sich auch diverse Foren im Netz. Eines der größten ist www.glocktalk.com mit über 194.000 Mitgliedern. Wer seine Liebe zur österreichischen Waffe nach außen zeigen will, kann dies mit unzähligen Merchandise-Produkten tun: Kappen, T-Shirts, Kalender, Baby-Shirts – es gibt alles was das Glock-Herz begehrt.

Stand Österreich popkulturell gesehen in Amerika früher für „Sound of Music“, Manner und Arnold Schwarzenegger, hat Glock dem allen den Rang abgelaufen. Jeder kennt sie und besonders die waffenvernarrten US-Amerikaner lieben den wahrscheinlich tödlichsten Export Made in Austria. Und sorgen für fast 50 Prozent des Umsatzes.

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