Gaucks seltsame Biografie

Beliebt und befremdend: Joachim Gauck mit Freundin Daniela Schadt
Ein Buch zeichnet ein schräges Bild des Präsidenten – mit seiner eigenen Hilfe

Kein deutsches Staatsoberhaupt zog mit soviel Sympathie des Volkes ins Schloss Bellevue, den Berliner Amtssitz, ein wie Joachim Gauck (74). Der Pastor in der DDR und späte Unterstützer der Bürgerrechtler war erster Leiter der Bundesbehörde, die seit 1991 die Umtriebe von deren allmächtigem Staatssicherheitsdienst Stasi aufarbeitet. Bis jetzt fiel Gauck als Bundespräsident vor allem dadurch auf, dass er Nazi-Opfer mit noch mehr persönlicher Rührung vom Schuldbewusstsein der Deutschen überzeugte als seine Vorgänger, zuletzt in Frankreich.

Plötzlich aber trübt sich das Bild des Bürgerpräsidenten und seiner stets gewinnend auftretenden Lebensgefährtin Daniela Schadt: Eine Anfang Oktober bei Suhrkamp erscheinende Biografie zeichnet ihn laut Bild und Spiegel als öfter überforderten, ziemlich eitlen Mann, der sich das höchste Staatsamt leichter vorgestellt hat. Dies, obwohl Gauck am Buch mitgearbeitet und es stellenweise sogar kommentiert hat.

Er besaß in der DDR zwei Pässe und war zehn Mal in deren letzten zwei Jahren im Westen. Das ist neu. Die Amtsgeschäfte hätten ihn schon als Leiter der Stasi-Behörde überfordert, suggerieren Zitate – und er sei ein „Schussel“ im Privatleben.

Frauen aus dem persönlichen Umfeld von früher sehen in Gauck einen „Meister der Flirts“, wobei das Alter des Gegenübers egal sei. Kommentar des Betroffenen im Buch: „Ich habe viele Bücher über Psychologie gelesen, darüber konnte ich besonders mit Frauen gut reden.“ Besonders befremdend wirkt das Zitat von Gerüchten, er sei „bisexuell“ und habe mit dem Ex-Pressesprecher eine nicht nur berufliche Beziehung gehabt.

Das Buch zitiert Personen seiner jetzigen Umgebung, Gauck fühle sich von den vielen Amtsterminen überfordert: „Ermüdungserscheinungen“ – schon nach gut einem Jahr.

Nur Amtsgeschäfte

Gauck hat dazu außerhalb des Buches nicht Stellung genommen, sein Amt verweigert jeden Kommentar. Indirekt ist die Rede von der Rache eines alten Feindes, des ersten Innenministers der DDR nach der Wende, Peter Michael Distel, der heute als Rechtsanwalt arbeitet.

Gauck ging jedenfalls am Montag kommentarlos seinen Amtsgeschäften nach: Er lud überraschend die Chefs der vier Bundestagsparteien getrennt zu sich, um sich über die Koalitionsoptionen zu informieren. Anders als sein österreichischer Kollege Heinz Fischer enthielt er sich jeder öffentlichen Empfehlung an die Parteien.

Am Abend feierte Gauck im Garten von Schloss Bellevue mit 3800 Bürgern das jährliche „Bürgerfest“.

Zugleich wurde bekannt, dass der Zustand des ältesten Altbundespräsidenten Walter Scheel (94) in einer Demenzklinik besorgniserregend sei. Den Totalabsturz seiner FDP bei der Wahl habe er nicht mehr realisiert.

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