Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

Wer ist Jorge Mario Bergoglio? Leben, Ansichten und Vorlieben des neuen Papstes.

Weiß, weiß, weiß! Als der Rauch die Wahl eines neuen Papstes besiegelte, war die Euphorie am Petersplatz und in der Welt groß. Als der neue Papst dann den Balkon betrat, die große Überraschung: Erstmals stammt ein Papst aus Lateinamerika.

Doch wer ist dieser Kardinal Jorge Mario Bergoglio aus Buenos Aires? Zwanzig Fakten zu seinem Leben, seinen Ansichten und Vorlieben.

Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

VATICAN NEW POPE ELECTED
Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

Handout photo of Argentine Cardinal Jorge Bergogli
Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

A handout photo of the membership card of Argentin
Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

File photo shows Argentine Cardinal Jorge Mario Be
Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

Newly elected Pope Francis I, Cardinal Jorge Mario
Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

VATICAN NEW POPE ELECTED
Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

Newly elected Pope Francis appears on the central
Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

Undated handout photo of Argentine Cardinal Bergog
Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

Undated handout photo of Argentine Cardinal Bergog
Papst Franziskus: Fußballfan, Mate-Trinker und Chemiker

VATICAN NEW POPE ELECTED

Er war der Außenseiter unter den Favoriten: Als Jorge Bergoglio am Mittwoch als neuer Papst verkündet wurde, war die Überraschung groß. Dabei hatte der 76-Jährige war schon beim Konklave 2005 als aussichtsreich gegolten. Nur sein Rückzug zugunsten von Joseph Ratzinger soll dessen Wahl damals ermöglicht haben.

Nun wird er der erste Papst mit Namen Franziskus sein, der erste, der aus Lateinamerika stammt und auch der erste Jesuit auf dem Stuhl Petri. Bisher war Bergoglio, der oft auch „Kardinal der Armen“ genannt wird, Erzbischof von Buenos Aires. In dieser Funktion legte er sich in der Vergangenheit wiederholt mit der Politik an. Besonders in der Regierung von Néstor Kirchner, dem Bergoglio einen autoritären Führungsstil unterstellte, schaffte sich der Erzbischof nur wenige Freunde.

Bergoglio wurde am 17. Dezember 1936 als Sohn italienischer Einwanderer geboren. Der Vater hatte mit seinem Job bei der Bahn fünf Kinder zu ernähren. Der heutige Papst absolvierte eine technische Schule und ging daraus als diplomierter Chemiker hervor. Mit 33 Jahren erhielt er schließlich die Priesterweihe. Später Theologieprofessor an der Hochschule von San Miguel, wurde er 1992 zum Erzbischof-Koadjutor von Buenos Aires, 1998 zu dessen Erzbischof ernannt. 2001 machte ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinal.

Mit der U-Bahn

Franziskus I. gilt als vielseitig: Er liebt das Schwimmen, die Oper und das Kochen. Er besitzt neben der argentinischen auch die italienische Staatsbürgerschaft und spricht sogar ein bisschen Deutsch.

Der Grund für seine Beliebtheit in Argentinien ist vor allem seine Bescheidenheit. Als Bischof verzichtete er auf eine standesgemäße Residenz und wohnte stattdessen in einem Apartment. Statt mit dem Dienstwagen fuhr er lieber mit der U-Bahn in die Kirche. Eine Haltung, die er auch durch sein Engagement für die Benachteiligten der Gesellschaft bekräftigte. Zu Weihnachten und Ostern besuchte der Erzbischof üblicherweise ein Spital für arme Kinder oder ein Gefängnis. Bergoglio überwand seine Medienscheu und nahm sich kein Blatt vor den Mund, wenn es um Armut und Korruption ging.

Gegnerschaften

Sonst gilt der Ordensmann als gemäßigt und dialogbereit. Laut Kathpress steht er der konservativen und sozial engagierten Bewegung „Communione e Liberazione“ nahe. Bergoglio ist trotz allem auch in Argentinien nicht unumstritten. Gerade in Sexualfragen gilt er als konservativ. Erfolglos kämpfte er mit einer Kampagne gegen die Legalisierung der Homo-Ehe.

Während der Militärdiktatur war Bergoglio Provinzial der Jesuiten. Ein erst vor wenigen Jahren aufgetauchter Vorwurf beschäftigte sich mit seiner angeblichen Nähe zur Junta. Speziell ging es um Entführungen von damals als „subversiv“ eingestuften Personen, darunter auch Ordensbrüder. Bergoglio soll diese Jesuiten damals nicht vor der Verfolgung geschützt haben.

Er jedoch erklärte, er habe wenige Tage vor dem Staatsstreich im Jahr 1976 die beiden Padres vor der Gefahr gewarnt. Das Angebot, sie zu schützen, hätten die beiden Priester jedoch abgelehnt. (KURIER/red)

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Das Warten hatte ein überraschend schnelles Ende. Und die Wahl des Konklave fiel mindestens ebenso überraschend auf den bescheiden und demütig wirkenden Erzbischof von Buenos Aires, der fortan Papst Franziskus sein wird.

Das wird die Spekulationen der vergangenen Tage und Wochen nicht beenden, im Gegenteil: Ist die schnelle Wahl eine konservative oder ein gutes Zeichen für die Zukunft der katholischen Kirche? Haben sich die Kräfteverhältnisse im Vatikan verschoben? Ist der Bezug auf Franz von Assisi („Baue mein Haus wieder auf, das ganz und gar in Verfall gerät“) programmatisch? Wird der Kurs moderat, volksnah, wo der Jesuit doch als „Kardinal der Armen“ und Verfechter der Gerechtigkeit galt?

Nirgenwo sonst wird so viel Kaffeesud gelesen, wie von „Vatikanologen“ und anderen Beobachtern bei einer Papstwahl (seit neuestem auch bei einem Rücktritt). Hat Benedikt XVI. mit seinem Abgang zeigen wollen, dass auch mit Traditionen zu brechen sei; oder hat er die brennenden Fragen und Skandale nicht mehr heben können/wollen, wie andere zu wissen glauben? Und schon wurde weiter spekuliert: Wer die Favoriten für die Nachfolge sind, ob das Kardinalskollegium zerstritten ist, ob sich die Italiener durchsetzen würden – all das hatte ungefähr die Relevanz der Prognosen von Wettbüros, welchen Namen sich der neue Papst geben würde.

Jetzt steht Franziskus fest. Was noch fest steht ist, dass die Aufgabe, die er zu heben hat, eine der schwierigsten in der jüngeren Geschichte der katholischen Kirche ist.

Der schwierige Spagat

Der bisherige Kurs der Amtskirche in Rom und der seiner Schäfchen klafft weit bis diametral auseinander. Sowohl Benedikt XVI. als auch sein Vorgänger haben von einer Öffnung nichts wissen wollen. Sie haben dem konservativen Lager im Vatikan entsprochen, das schon in der kleinsten Modernisierung die Herausnahme eines Steines sieht, der das gesamte Gebäude der Institution Kirche zusammenstürzen lässt. Im Kirchenvolk dagegen gibt es den Wunsch nach Veränderung. Erst gestern ergab eine Umfrage in Deutschland, dass mehr als 90 Prozent der Katholiken dort ein Ende des Zölibats wünschen. Vermutlich fiele die Antwort auf die Fragen nach dem Umgang mit Wiederverheirateten oder der Rolle der Frauen in der Kirche nicht viel anders aus.

Wie Papst Franziskus den Spagat zwischen dem Beharrungsvermögen der Kirche und der nötigen Anpassung, nicht Anbiederung, an eine sich verändernde Welt bewältigen wird, wohin er die Kirche führt, weiß zur Stunde niemand. Lediglich, dass erstmals ein Lateinamerikaner Papst wurde, zeigt, dass sich die katholische Weltkirche nicht nur aus der europäischen Gefühlslage speist.

Daher wäre jetzt einmal Zeit für ein bisschen Gelassenheit – und für jene freundliche Ruhe, die Franziskus am Mittwochabend auf dem Balkon ausstrahlte, als er die Menge bat, für ihn zu beten. In der 2000-jährigen Geschichte der Kirche kommt es auf ein paar Monate, um zu wissen, wohin sie geht, nicht wirklich an.

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