Für Ungarn eine Schnapsidee: Steuern auf selbst gebrannten Palinka

Für Ungarn eine Schnapsidee: Steuern auf selbst gebrannten Palinka
Bei seinem Nationalgetränk Palinka will sich Ungarn von der EU nichts dreinreden lassen – doch der EU-Gerichtshof könnte das ändern.

Sie zählt zu den populärsten Maßnahmen, die Ungarns Regierungschef Viktor Orban sofort nach Amtsantritt vor vier Jahren durchsetzte: Jeder Ungar, der einen, und sei es noch so kleinen Obstgarten besitzt, darf seither seinen eigenen Palinka brennen – für den Eigenbedarf. Und der wurde immerhin auf 50 Liter zu maximal 86 Prozent Alkohol oder 100 Liter zu 43 Prozent pro Kopf und Jahr festgesetzt. Nur wer mehr brennt oder ihn verkauft, muss Steuern zahlen.

Aufschrei der Ärzte

Während Ärzteverbände aufschrien, schwelgten die Hobby-Brenner im Palinka-Himmel. Bis 2010 war das Selberbrennen strengstens verboten, und wer seine Maische in die Destillerie brachte, musste Steuern zahlen.

Doch das hochprozentige Glücksgefühl könnte ein endliches sein: Die EU will, so empfindet man es zumindest bei der Regierung in Budapest, den Privatbrennern an den Kragen und das ungarische Gesetz kippen. Denn Brüssel sieht in der Steuerbefreiung für kleine Schnapsbrenner einen existenzgefährdenden Wettbewerbsnachteil für jene Unternehmer, die von der Erzeugung und vom Verkauf von Obstbränden leben. Die EU-Kommission klagte im Vorjahr beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Und obwohl dessen Urteil noch nicht fest steht, will die ungarische Tageszeitung Magyar Nemzet bereits in Erfahrung gebracht haben: "Es sieht nicht gut aus für Ungarn ..."

Für Orbans Regierung wäre dies ein harter Schlag, ganz besonders vor den Parlamentswahlen am 6. April. Andererseits hätte seine FIDESZ-Partei dann jede Menge Wahlkampfmunition gegen die ungeliebten "Bürokraten in Brüssel", von denen man sich nicht in die jahrhundertealte Kultur des Palinka-Brennens dreinreden lassen will.

Punkto Alkoholkonsum jedenfalls zählt Ungarn zu den drei trinkfreudigsten Staaten der EU. Wohl einer der Gründe, warum ein ungarischer Mann im Durchschnitt mit 71 Jahren stirbt – um sieben Jahre früher als der EU-Durchschnitt. Für die Bedenkenträger aus dem Ausland aber hält so mancher Hobbybrenner einen altbewährten Spruch parat: "In geringer Menge ist Schnaps Medizin, in großen Mengen Arznei."

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