Buch von Valérie Trierweiler schwächt Hollande
Es ist nicht die politische „Atombombe“, die der Verlag angekündigt hatte. Das am Donnerstag erschienene Buch von Valérie Trierweiler („Merci pour le moment“: Danke für den Augenblick) ist aber bei weitem nicht so bedeutungslos, wie die Kreise um Präsident Francois Hollande anfänglich gehofft hatten. Die Journalistin Trierweiler, die acht Jahre lang unvermählt an der Seite von Hollande gelebt und bis Ende Jänner als Première Dame im Elysée-Palast über ein eigenes Büro verfügt hatte, liefert in ihrem Buch zwar keine politischen Enthüllungen. Was sie aber über die privaten Stimmungsschwankungen, Ausflüchte und kleinen Feigheiten von Hollande (angesichts seiner Geheimliaison mit einer jungen Schauspielerin) ausplaudert, ist nicht nur von erschreckender Banalität. Es bestärkt jetzt auch unweigerlich die in Frankreich allseits vorherrschende Meinung, Hollande sei auch von seiner Persönlichkeit her für den Job als Staatschef viel zu inkonsistent und substanzlos.
Trierweiler ist nicht sehr populär: ihr an die Öffentlichkeit getragenes Gezerre mit der ursprünglichen Lebenspartnerin von Hollande und Mutter seiner vier Kinder, der sozialistischen Spitzenpolitikerin Ségolène Royal (jetzt Umwelt- und Energieministerin), wurde ihr übel genommen. Anfang dieses Jahres enthüllte ein Klatschblatt die neue Liebesaffäre des Präsidenten mit der Schauspielerin Julie Gayet. Daraufhin ließ Hollande die geschockte Trierweiler per Presse-Kommuniqué ihres quasi-offiziellen Amts als Première Dame entheben. Einige Kommentatoren entrüsteten sich über die „demütigende Verstoßung einer Frau“. Breite Teile der Bevölkerung weideten sich an der Story, empfanden aber gleichzeitig den Beziehungs-Wirrwarr um Hollande als Zumutung und Schädigung des internationalen Ansehens Frankreichs.
Regierung kämpft ums Überleben
Inzwischen kämpft das sozialistische Regierungslager buchstäblich ums Überleben. Der unentwegte Anstieg der Arbeitslosigkeit (über 10 Prozent) und die Stagnation der Wirtschaft haben der SP zwei verheerende Niederlagen (bei landesweiten Gemeindewahlen und der EU-Wahl) beschert. Ein hilfloser Hollande hat dem forschen Premier Manuell Valls defacto die innenpolitische Führung überlassen.
An der Spitze einer soeben neu gebildeten Regierung will der rechte Sozialdemokrat Valls eine Serie von unternehmerfreundlichen Reformen im Eiltempo durchziehen, vor denen sogar der vormalige konservative Präsident Nicolas Sarkozy zurückgescheut war: die einst von einer Linksregierung eingeführte 35-Stundenwoche als Berechnungsgrundlage für Überstunden soll durch innerbetriebliche Vereinbarungen umgangen werden. Das besonders umfangreiche französische Arbeitsrecht soll radikal vereinfacht werden. Kleinunternehmen sollen von der Verpflichtung für die Gründung eines Betriebsrats entbunden werden. Eine gesetzliche Mietzinsbegrenzung, die vom Parlament bereits beschlossen wurde, will Valls wieder rückgängig machen.
Einige dieser Maßnahmen steht im offenen Gegensatz zu den einstigen Wahlkampfversprechen von Francois Hollande. Das linke Fußvolk verliert seine bisherigen Anhaltspunkte. Am 16.September wird sich Valls einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen. Die Partei-interne Linksopposition, die sich am sozialliberalen Kurs von Valls stößt, umfasst bis zu einem Drittel der SP-Abgeordneten. Wenn sich am 16.September zu viele dieser SP-Parlamentarier enthalten, könnte Valls diese Abstimmung verlieren und müsste zurücktreten.
„Die Zahnlosen“
Und hier kommt wieder Trierweiler ins Spiel: in ihrem Buch erzählt sie, Hollande habe sich gegenüber ihrer Familie, die in bescheidenen Verhältnissen lebt, herablassend geäußert („Deine Familie ist nicht sehr lustig“). Daraus folgert sie, Hollande würde auch seine Wähler („die vielfach meiner Familie ähneln“) verachten. Das ist so wenig überzeugend, wie ihre anschließende Behauptung: „Hollande hat sich als der Mann präsentiert, der die Reichen nicht mag. In Wirklichkeit mag der Präsident die Armen nicht“. Zur Erhärtung dieser Behauptung, schreibt sie: „Er, dieser Mann der Linken, spricht privat von ‚den Zahnlosen‘, und ist auch noch über diesen Geistesblitz stolz.“
Niemand weiß freilich, ob Hollande wirklich von „den Zahnlosen“ sprach und wenn, in welchem Zusammenhang. Auch Trierweiler erklärt nicht die näheren Umstände dieser Äußerung. Sogar Gegner von Hollande finden, dass solche Sprüche nicht zum ihm passen würden. Dafür passt gerade dieses, besonders breit getretene Zitat (aus einem ansonsten ziemlich vage formulierten Buch) zum Vorwurf an Hollande und Valls, sie würden mit ihrem jetzigen Kurs, die Interessen der ärmeren Teile der Bevölkerung rücksichtslos opfern.
Die Beliebtheit von Frankreichs Präsident Francois Hollande bei seinen Landsleuten hat einen neuen Tiefpunkt erreicht: Nur noch 13 Prozent der Franzosen schenken dem Sozialisten ihr Vertrauen, wie eine am Donnerstag veröffentlichte TNS-Sofres-Umfrage für das Figaro-Magazin ergab. Dies sind fünf Punkte weniger als noch vor zwei Monaten.
Hollandes Zustimmungswerte waren bereits in den vergangenen Monaten auf historische Tiefstände abgerutscht. Sie lagen zuletzt bei anderen Umfragen aber noch um die 19 Prozent.
Auch Premierminister Manuel Valls verlor laut der nach der Regierungsumbildung geführten Umfrage mächtig an Vertrauen: Sein Wert rutschte um 14 Punkte auf 30 Prozent ab. Die Umfrage wurde vor der Veröffentlichung des Buches von Hollandes früherer Lebenspartnerin Valerie Trierweiler geführt, das am Donnerstag in den Handel kam und in dem der französische Präsident teils nicht gut wegkommt. So bezichtigte Trierweiler den Präsidenten spöttischer Bemerkungen über sozial schwache Menschen.
Hollande und Valls kämpfen seit Monaten gegen ein stagnierendes Wirtschaftswachstum, eine stetig steigende Arbeitslosigkeit und ein hohes Staatsdefizit. Bisher stellten sich aber noch keine Erfolge ein. Inzwischen wird der Spar- und Reformkurs der Regierung auch im eigenen sozialistischen Lager offen kritisiert und als zu unternehmerfreundlich angeprangert.
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