Faszination Schönheit
Schöne Frauen aus 86 Ländern, ausschweifende Partys, bezaubernde Kostüme: In der philippinischen Hauptstadt Manila herrschte tagelang der Ausnahmezustand. Am Montag wurde die 24-jährige Französin Iris Mittenaere (Bild) zur "Miss Universe" gekürt. Auf dem Inselstaat gibt es kein Halten mehr, denn das Land ist von Schönheitswettbewerben geradezu besessen.
Mehr als 40.000 Bewerbe finden jährlich allein in den sogenannten Barangays, kleinen Gemeinden im ganzen Land, statt, daneben haben die Filipinos für beinahe alles einen eigenen Bewerb: Großmütter, Schulknaben, Homosexuelle, Haushaltshilfen.
"Miss"-Wahl im Gefängnis
Faszination für Schönheit wohnt den Filipinos seit jeher inne – schon die erste Frau in der philippinischen Mythologie hieß "Maganda" (Schön).
Im vergangenen Dezember veranstalteten sogar Gefangene eine große "Miss"-Wahl unter ihren Mitinsassen, um sich von den alltäglichen Problemen abzulenken. Seit Rodrigo Duterte Präsident ist, sind die Haftanstalten heillos überfüllt. Bis jetzt stellten die Philippinen drei Gewinnerinnen bei dem internationalen Event – die Deutsch-Philippinin Pia Wurzelbach gewann den begehrten Titel vergangenes Jahr.
Es ist das 65. Mal, dass der prestigeträchtige "Miss Universe"-Bewerb stattfindet. Um zu gewinnen, müssen die Kandidatinnen in drei Kategorien überzeugen:
Nach einer Fragerunde, in der sie ihre Kultiviertheit und Intelligenz unter Beweis stellen müssen, findet die Bikini-Präsentation statt. Dezenter geht es zu, wenn die Damen in Abendkleidern über den Laufsteg schreiten. Zu guter Letzt treten die Kandidatinnen in Kostümen auf, die ihre Heimatländer beschreiben sollen – der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Abwechslung fürs Volk
Für die Philippinen ist das Großevent eine willkommene Abwechslung zum "Drogenkrieg", den Duterte seit gut einem halben Jahr führt – mehr als 6000 Menschen wurden seither auf offener Straße erschossen. Die Behörden deklarierten sie als Drogendealer, nachweislich wurden jedoch schon Hunderte Unschuldige erschossen.
Duterte selbst gilt als großer Liebhaber des "Miss Universe"-Bewerbs. Beim offiziellen Empfang der Kandidatinnen schwärmte er: "Mir wäre es am liebsten, wenn dieser Tag nie zu Ende ginge. Gott hat seine Sache wirklich gut gemacht." Die Euphorie darüber, den Wettbewerb im eigenen Land auszutragen ist auch auf andere Politiker übergeschwappt: Der Kongressabgeordnete Winston Castello forderte gemeinsam mit anderen Politikern die Regierung auf, den Finaltag des Wettbewerbs, zu einem Feiertag zu erklären. Knapp aber doch wurde der Antrag abgelehnt.
13 Millionen Dollar für Bewerb
Luis Singson, ein schwerreicher philippinischer Unternehmer, wollte das Bild seines Landes in der Weltöffentlichkeit verbessern und holte den "Miss Universe"-Wettbewerb um 13 Millionen Dollar nach Manila. "Wir haben vielleicht ein bisschen Geld verloren, aber dieser Wettbewerb wird gut sein für unser Land", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters und fuhr fort: "Das ist das beste Mittel, um die Philippinen zu bewerben".
Nicht überall stößt der Bewerb auf Gegenliebe. Die Frauenrechtsgruppe Gabriela sieht die Veranstaltung als "Versuch, die Philippinen als grelles Urlaubsziel mit billigen, leicht auszubeutenden Frauen" zu vermarkten. Die breite Masse dürfte das nicht beeindrucken – Schönheitschirurgen haben Hochkonjunktur, das Schönheitsfieber ist ungebremst.
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