EU droht Bangladesch mit Sanktionen

Die EU fordert von Bangladesch höhere Sicherheitsstandards. Andernfalls drohen Handelsbeschränkungen.

Sie arbeiten für Hungerlöhne von umgerechnet 30 Euro pro Monat – jene 3,6 Millionen Menschen in Bangladesch, die für den Textilsektor des Landes produzieren. Dass ihre Arbeitsbedingungen – oft ein Zwölfstundentag, kaum Pausen für den Gang zur Toilette – von je her katastrophal waren, haben die internationalen Handelsketten und die europäischen Käufer der Billigware aus Bangladesch bisher kaum beanstandet.

Nach dem jüngsten Industrieunglück nahe der Hauptstadt Dhaka aber läuten auch in der EU die Alarmglocken. Mehr als 400 Menschen, die Mehrheit davon Näherinnen, waren bei dem Einsturz des Fabriksgebäudes ums Leben gekommen. 1200 Menschen wurden verletzt, noch immer werden mehrere Hundert Arbeiter unter den Trümmern der Anlage vermisst.

Die Europäische Union droht nun mit der Rücknahme von Handelsvergünstigungen für Bangladesch, sollten die Arbeitsbedingungen im asiatischen Land nicht verbessert werden. Das Unglück habe gezeigt, dass sofortiger Handlungsbedarf bestehe, erklärten die Außenbeauftragte Catherine Ashton und Handelskommissar Karel de Gucht. Die Sicherheitsvorkehrungen müssten erhöht, internationale Standards eingehalten werden.

Derzeit profitiert Bangladesch davon, dass die EU als größter Handelspartner keine Zölle auf die meisten im Land gefertigten Produkte erhebt. 60 Prozent der in Bangladesch erzeugten Textilwaren werden in die EU exportiert. Eine Änderung der Vereinbarung erfordert jedoch die Zustimmung aller EU-Länder und könnte bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen.

Handelsketten beraten

Auch die internationalen Handelsketten reagieren: Zu Wochenbeginn hatten sich in Dhaka Vertreter von 45 Firmen – darunter Größen wie H&M, GAP, Nike, Wal-Mart, Primark und Marks & Spencer – mit dem Verband der Bekleidungsindustrie und Textilexporteure von Bangladesch getroffen, um strengere Sicherheitsfragen auszuarbeiten. Rund um das eingestürzte Gebäude in Dhaka kommt es indessen täglich zu Protesten wütender Angehöriger der Getöteten. Der Zorn ist umso größer, seit bekannt wurde, dass am Tag vor dem Einsturz ein Ingenieur händeringend auf die tiefen Risse im Gebäude hingewiesen und gewarnt hatte.

Das Gebäude war ohne offizielle Genehmigung errichtet worden. Sein Besitzer, ein 35-jähriger Spekulant mit Beziehungen zur Politik, wurde am Dienstag verhaftet.

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