Erster "Klimaflüchtling" Kiribati hofft noch

Fischen im südpazifischen Kiribati – aber in 60 Jahren wird der Inselstaat versunken sein.
Der Inselstaat versinkt allmählich – einer seiner Bewohner will dies als Asylgrund durchkämpfen.

Eine letzte, kleine Chance hat Ioane Teitiota noch. Vor dem Obersten Gerichtshof in Neuseeland werden seine Anwälte Berufung einlegen: Der 38-jährige Mann aus dem südpazifischen Inselstaat Kiribati will der erste anerkannte Klimaflüchtling der Welt werden.

Früher schweifte Teitiotas Blick mit ungetrübter Freude über den türkis-blauen Ozean. Doch seit einigen Jahren ist das Meer, das die 100.000 Insulaner Kiribatis zu ernähren pflegte, zu einer potenziellen Bedrohung geworden. Immer heftiger peitschen die Stürme, immer höher steigt der Meeresspiegel. In Ioane Teitiotas Haus steht das Wasser schon oft bis auf Kniehöhe. Und dabei wird es nicht bleiben.

Erster "Klimaflüchtling" Kiribati hofft noch
An ihrem höchsten Punkt ragen die 32 Korallenatolle und die Koralleninsel seiner Heimat drei Meter aus dem Wasser. Wegen des Klimawandels und des damit verbundenen Anstiegs des Meeresspiegels könnte Kiribati in spätestens 60 Jahren untergegangen sein.

Kiribatis Präsident Anote Tong sagte kürzlich in einem Interview: "Für uns ist der Klimawandel keine Sache der Zukunft. Wir haben schon jetzt mit ihm zu kämpfen." Den Bewohnern des Inselstaates werde also nichts anderes übrig bleiben, als in andere Länder zu flüchten. Auf die am Samstag in Lima zu Ende gegangenen UN-Klimaverhandlungen hatten seine Warnungen allerdings keinen Einfluss. Der steigende Meeresspiegel, der die Inselstaaten Kiribati, Tuvalu und die Marshall-Inseln besonders bedroht, war bei der Konferenz nur ein Randthema. Dabei hatte Tuvalus Staatschef schon 2001 für Aufregung gesorgt: Er hatte versucht, für Tuvalus Bevölkerung – 11.000 Menschen – vorsorglich in Neuseeland Asyl zu beantragen.

Ein Stück Land gekauft

Die Regierung Kiribatis ging einen anderen Weg, sie kaufte auf Fidschi ein großes Stück Land. Dort werden zunächst Lebensmittel angebaut, später sollen Bürger aus Kiribati angesiedelt werden.Darauf wollte Ioane Teitiota nicht mehr warten. Er ging nach Neuseeland und suchte um Asyl an. Wurde zunächst abgewiesen, ging in Berufung mit dem Argument, er sei ein "Klimaflüchtling". Eine Rückkehr sei nicht zumutbar, argumentierten seine Anwälte: Einige Regionen Kiribatis seien bereits unbewohnbar. Durch den steigenden Meeresspiegel würden Ernten zerstört und das Trinkwasser verseucht. Letztlich seien Industriestaaten wie Neuseeland durch den hohen Ausstoß von Kohlendioxid für den Klimawandel verantwortlich.

Doch die Richter wollten dieser Argumentation nicht folgen. Sie vertreten die Meinung, dass der Mann aus Kiribati kein Flüchtling im Sinner der Genfer Flüchtlingskonvention ist – dass er also nicht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, ethnischer Zugehörigkeit oder politischen Überzeugung verfolgt wird. Und die Tatsache, dass klimatische Veränderungen Leben in der alten Heimat unmöglich machen? Im Völkerrecht kein Thema.

Ioane Teitiota klammert sich jedoch an den Fall einer Familie aus Tuvalu. Die hatte im Sommer in Neuseeland Asyl erhalten – mit der Begründung: Der Klimawandel mache ihr Bleiben in der alten Heimat unmöglich. Vor allem aber dürfen sie nun in Neuseeland leben, weil die meisten Verwandten von ihnen schon seit drei Generationen hier sind.

Dieses Privileg hat Teitiota aus Kiribati nicht – und so stehen seine Chancen schlecht, der erste anerkannte "Klimaflüchtling" der Welt zu werden. Würde er zum Präzedenzfall, könnten ihm viele Flüchtlinge folgen: Bis zur Mitte des Jahrhunderts könnten wegen der sich verschlechternden Klimabedingungen bis zu 300 Millionen Menschen gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen.

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