Erste Festnahme nach Bombenalarm
Nach dem Bombenalarm im Bonner Hauptbahnhof hat die deutsche Polizei einen Verdächtigen festgenommen und einen weiteren zur Fahndung ausgeschrieben. Nach Medienberichten wurde der gebürtige Somalier Omar D. festgenommen, den die Bonner Staatsanwaltschaft bereits in den vergangenen Jahren wegen Terrorverdachts im Visier hatte.
Dessen Anwalt, Mutlu Günal, bestätigte am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters die Festnahme seines Mandanten. Zum Tatvorwurf machte er allerdings keine Angaben. Aus Sicherheitskreisen verlautete indes, dass es im Zusammenhang mit dem Fall eine Festnahme gegeben habe. Ein Sprecher der Kölner Polizei wollte die Festnahme weder bestätigen noch dementieren. Die Polizei schrieb einen Tatverdächtigen zur Fahndung aus.
Details noch unklar
Die Ermittlungen liefen auf Hochtouren, betonte ein Sprecher der Kölner Polizei. Dabei arbeite seine Behörde eng mit der Bundespolizei, dem Landeskriminalamt und anderen Sicherheitsbehörden zusammen. Es sei noch unklar, ob es sich bei dem gefundenen Gegenstand um eine zündfähige Bombe gehandelt habe. Spezialisten suchten weiter nach einem Zünder. Zündfähiges Material habe sich aber in der Tasche befunden. Sie war am Hauptbahnhof abgestellt worden.
Spiegel Online zufolge befanden sich Butangas und Ammoniumnitrat sowie ein Metallrohr, ein Wecker und Batterien in der Tasche. Spezialisten des Landeskriminalamtes waren weiter beschäftigt, Details zum Inhalt der Tasche herauszufinden, wie die Polizei in Köln erklärte.
14-Jähriger gesucht
Die Beamten schrieben zudem nach einem Hinweis eines 14-jährigen Schülers einen Mann zur Fahndung aus. Der Schüler berichtete den Ermittlern zufolge, dass ein dunkelhäutiger Mann die Tasche abgestellt habe. Der Schüler habe den möglichen "Ableger" der Tasche als 30 bis 35 Jahre alt und etwa 190 Zentimeter groß beschrieben. Der Mann habe eine schlanke Statur und eine schwarze Mütze, schwarze Stiefel und eine braungraue Jacke getragen.
Spur führt in Islamistenszene
Bewiesen ist noch nichts, aber wer die einzelnen Informationen aneinanderreiht, glaubt einen Terror-Plot zu erkennen: Bombenalarm im Bonner Hauptbahnhof, Pulver in einer abgestellten Tasche, Festnahme eines bekannten Bonner Islamisten. Vielleicht sind Bahnreisende am Montag einem Anschlag entgangen. Die deutsche Polizei warnt allerdings vor voreiligen Schlüssen.
Bei dem nun festgenommenen Bonner Omar D. handelt es sich nach Informationen mehrerer Medien um denselben Mann, der 2008 zusammen mit seinem Freund Abdirazak B. aus einem startbereiten Flugzeug auf dem Flughafen Köln-Bonn abgeführt worden war.
Damals war berichtet worden, Omar D. und Abdirazak B. hätten über Amsterdam nach Pakistan fliegen wollen, um sich dort in einem Terrorcamp ausbilden zu lassen. Das Landeskriminalamt bestätigte seinerzeit, dass die Verdächtigen im Alter von 24 und 23 Jahren Abschiedsbriefe hinterlegt hätten. Sie stünden im Verdacht, sich am "Jihad" ("Heiligen Krieg") und an Anschlägen beteiligen zu wollen.
Doch die Behörden hatten die Beweislage zu optimistisch eingeschätzt: Nach elf Tagen wurden Omar D. und Abdirazak B. wieder freigelassen, und eineinhalb Jahre später stellte die Bonner Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen sie ein.
Zurückhaltung
Diese Erfahrung dürfte mit ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass sich die Polizei am Dienstag mit Informationen zurückhielt. Aus Polizeikreisen hieß es, man verfolge viele Spuren. Eine Festnahme müsse nicht bedeuten, dass man sich schon sicher sei, den Täter zu haben. Die blaue Tasche von Gleis 1 gibt den Ermittlern außerdem Rätsel auf. Denn sie enthielt zwar zündfähiges Material in Form von Pulver, jedoch keinen Zünder. Und "ohne Zünder macht's nicht Bumm", brachte es ein Kölner Polizeisprecher auf den Punkt.
Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, warb um Verständnis für die zurückhaltende Informationspolitik: "Ich weiß, dass das im Krimi viel schneller geht. In der Realität muss man schon genauer untersuchen, bevor man mit Informationen an die Öffentlichkeit geht."
Fest steht, dass Bonn seit längerem für seine Islamistenszene bekannt ist. Noch im Oktober wurde ein Salafist vor dem Landgericht wegen Messerattacken zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Der 26 Jahre alte Mann hatte sich am 5. Mai an einer Demonstration gegen die rechtsextreme Splitterpartei "Pro NRW" beteiligt und dabei zwei Polizisten schwer verletzt. Der Vorsitzende Richter Klaus Reinhoff sagte zu ihm: "Hoffentlich ist jedem deutlich geworden, dass Sie der Prototyp eines Fanatikers sind!"
Gewaltbereite Extremisten gibt es also in Bonn. Ob sie aber ernsthaft einen Anschlag geplant haben und wenn ja, wie professionell sie dabei vorgegangen sind - das muss die Polizei noch herausfinden.
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