Ein Geheimgang für die Monroe

Marylin Monroe
"Menschen im Hotel", Serie Teil 8: Die diskreten Treffen des Sexsymbols mit Präsident John F. Kennedy im Carlyle Hotel, New York.

Das Waldorf Astoria ist großartig", sagte John F. Kennedy, "aber es sind mir zu viele Leute dort". Also traf er die Entscheidung, ein anderes Hotel in der City of Manhattan zu buchen. Das Carlyle, Ecke Madison Avenue/76. Straße, erschien ihm als ideale Adresse, war es doch um nichts weniger feudal, dafür aber viel verschwiegener. JFK hatte mit seinen zahlreichen Liebschaften dort schon in seiner Zeit als Senator in den 1950er-Jahren intime Verabredungen und blieb dem heimlichen Liebestempel auch dann treu, als er US-Präsident war.

Der Geheimgang

Das Carlyle brachte einen Vorteil mit sich, den kein anderes Hotel der Welt bieten konnte. Es gab einen Eingang, der in ein unauffälliges Haus in New Yorks 77. Straße führte, von dem aus seine Affären durch einen Tunnel zur 76. Straße, direkt ins Carlyle Hotel, gelangten. So war es selbst den beiden berühmtesten Amerikanern ihrer Zeit möglich, sich unbemerkt zu treffen: John F. Kennedy und Marilyn Monroe.

Wann immer der Präsident in New York war, stand ihm ein Doppelappartement zwischen 34. und 35. Etage zur Verfügung, aber auch Ehefrau Jacqueline und die Kinder gingen in der Suite 34-A ein und aus.

Sercret-Service-Zimmer

Klarerweise fanden seine geheimen Rendezvous nicht in der "offiziellen" Kennedy-Suite statt, sondern in einem weit von dieser entfernt gelegenen Zimmer, das für seine Bewacher vom Secret Service gedacht war. Dieser Raum, der über nicht viel mehr als ein Doppelbett und ein Badezimmer verfügte, war Kennedys heimliches Liebesnest.

Jeder wusste, dass die Kennedys gern im Carlyle abstiegen, daher fiel es nicht weiter auf, wenn man den Präsidenten dort sah. Freilich ahnte niemand, dass "Jack", abgesehen von der Suite, ein weiteres Zimmer hatte.

The Carlyle wurde 1929 errichtet, war mit großem Schick ausgestattet und für Millionäre konzipiert, denen nicht nur "normale" Zimmer, sondern – wie im Fall der Kennedys – auch geräumige Residenzen zur Verfügung standen. Der erste Präsident, der dem Carlyle die Ehre gab, war Harry S. Truman, aber zur Legende wurde das Hotel durch John F. Kennedy, dem es seinen Beinamen als "New Yorks Weißes Haus" verdankt.

Eine von vielen

Als seine Romanze mit der Monroe begann, war er bereits Präsident. Ein Jahr lang waren der mächtigste Mann der Welt und Amerikas Sexsymbol ein Liebespaar. Während sie ihn aber als die große Liebe ihres Lebens sah, war sie für ihn eine Gespielin wie viele andere. Kennedy hatte gleichzeitig auch Verhältnisse mit Sekretärinnen, Stewardessen und Mannequins, die er ebenfalls ins Carlyle kommen ließ. Sie alle wurden von seinen engsten Mitarbeitern abgeschirmt, aber ihre Namen sind in den JFK-Geheimakten des FBI aufgelistet.

Tickende Zeitbombe

Die Monroe träumte davon, dass der Präsident sich scheiden lassen und sie heiraten würde. Obwohl sie viele seiner Affären mitbekam, belastete diese Jackie Kennedy mehr als jede andere. Denn die Monroe war eine tickende Zeitbombe, die jederzeit an die Öffentlichkeit gehen und einen Skandal auslösen könnte.

Wenn John F. Kennedy sich von der Monroe verabschiedete, nannte er den Tag, an dem sie sich wieder im Carlyle treffen würden – sie durfte ihn aber nicht anrufen. Und während er das Hotel wie immer ganz offiziell und nach allen Seiten grüßend durch den Haupteingang betrat, musste sie durch den Geheimgang kommen, der von der 77. zur 76. Straße führt.

Verschwörungstheorie

Unter den vielen Verschwörungstheorien, die in der Causa Monroe-Kennedy in Umlauf sind, ist die ungeheuerlichste die, dass "Jack" und sein Bruder Robert die Schauspielerin 1962 durch das FBI "beseitigen" ließen, weil die Affäre mit ihr eine Gefahr für sein Amt als US-Präsident dargestellt hätte.

Bald wieder zurück

Kennedy hielt sich, kurz bevor er im November 1963 seine letzte Reise nach Dallas antrat, in namentlich nicht näher bekannter Damenbegleitung im Hotel Carlyle auf. "Ich bin in ein paar Tagen wieder zurück", sagte er zum Portier Michael O’Connell – und ward nie wieder gesehen.

Als die erste Trauerphase nach dem Tod des Präsidenten lähmender Fassungslosigkeit gewichen war, stand man im Carlyle vor dem Problem, dass John F. Kennedy seine letzte Rechnung für Roomservice und andere Personalkosten nicht beglichen hatte. Man überlegte hin und her, wie man die Angelegenheit taktvoll regeln könnte. Endlich hatte der Rezeptionist George Markham die Idee, die Sache diskret zu lösen. Man datierte Kennedys Aufenthalt um ein paar Tage – in denen er "offiziell" da war – zurück, sodass kein Verdacht entstehen konnte, und schickte die Rechnung an seine Witwe. Der offene Betrag wurde gleich nach dem Begräbnis beglichen.

Ganz anders als damals

Jackie Kennedy entschloss sich nach dem Tod ihres Mannes mit ihren Kindern Caroline und John Jr. nach New York zu ziehen und mietete sich – ausgerechnet – im Carlyle ein, wenn auch in einer anderen Suite im 31. Stock. Hier blieben Mutter, Sohn und Tochter zehn Monate. An regnerischen Tagen sah man die Kennedy-Kinder in der Lobby spielen. Ehe sie das Hotel für immer verließ, bat Jackie, noch einmal das Appartement 34-A besuchen zu dürfen. Sie ging darin ruhig auf und ab und sagte: "Es sieht ja doch ganz anders aus als damals, als wir hier wohnten."

Woody Allen in der Bar

In den 1980er-Jahren wurde The Carlyle vom Forbes-Magazin zum besten Hotel der USA erklärt. Bald trug auch ein anderer großer Name zur Legendenbildung bei. In der Bar des Hotels an der Madison Avenue tritt der begeisterte Klarinettenspieler Woody Allen seit Jahrzehnten regelmäßig mit seiner New Orleans Jazz Band auf.

Ein Geheimgang für die Monroe
Bild des Carlyle Hotels in New York. Credit: wikicommons/frei

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