Ein Aufräumer für die Vatikan-Bank

KURIER-Serie "Die Macht der Kirche": Trotz jüngster Ansätze, Transparenz zu schaffen, bleiben die Geldgeschäfte des Zentrums der katholischen Christenheit bis heute weitgehend im Dunkeln.

Es war die wohl wichtigste Weichenstellung für den Vatikan, bevor Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt ankündigte – und sie betraf keine Glaubens-Grundsätze, sondern eine durch und durch weltliche Management-Entscheidung. Mitte Februar genehmigte Benedikt XVI. die Wahl des 54-jährigen deutschen Juristen und Ritter des Souveränen Malteserordens, Ernst von Freyberg, zum neuen Präsidenten der Vatikanbank IOR.

Der Chefposten des „Instituts für Religiöse Werke“ („Instituto per le Opere di Religione“ – IOR), wie die 1942 von Papst Pius XII. gegründete Vatikanbank offiziell heißt, war ein Dreivierteljahr vakant gewesen: Bankenchef Ettore Gotti Tedeschi war angeblich im internen Streit um die Führung des wegen Geldwäsche-Vorwürfen immer wieder kritisierten Bankeninstituts Ende Mai des Vorjahres entlassen worden.

Sosehr die Päpste stets auf ihren Führungsanspruch als religiöses Oberhaupt der Christenheit pochen: Der souveräne Vatikanstaat wickelt seine Finanzgeschäfte völlig eigenständig ab. Doch woher seine Finanzen und Vermögenswerte stammen, liegt bis heute weitgehend im Dunkeln.

Geldwäsche-Vorwurf

Zwar legt der Vatikan seit Anfang der 1990-er Jahre seine Staatsfinanzen formal offen. Doch die Vatikanbank IOR ist mit ihren Finanzgeschäften immer wieder in den Dunstkreis von Geldwäsche, Betrügereien und engen Verbindungen zur Mafia geraten.

Daher attestierte der Anti-Geldwäsche-Ausschuss „Moneyval“ des Europarates vergangenen Sommer zwar einige Fortschritte im Kampf gegen Geldwäsche, stellte dem IOR aber keinen Persilschein aus,weil seine konkreten Kontrollen nach wie vor unzureichend seien.

Und die italienische Notenbank erklärte, dass es EU-Banken untersagt sei, in Nicht-EU-Staaten wie dem Vatikan ohne adäquate Anti-Geldwäsche-Vorkehrungen tätig zu sein.

Deshalb hatte sich Papst Benedikt XVI. Ende 2010 auch entschlossen, per Erlass neue Normen gegen die Geldwäscherei im Vatikanstaat anzuordnen. Zusätzlich überwacht eine neue vatikanische Aufsichtsbehörde die Finanzgeschäfte.

Bereits im Jahr 1990 wurde das IOR durch Papst Johannes Paul II. völlig neu strukturiert. Und seit dem Jahreswechsel 2010/2011 überwacht eine neu errichtete Behörde die Geldgeschäfte der IOR: Die Finanzaufsichtsbehörde (AIF). Einblicke in die Geschäftsgebarung gewährt sie aber genauso wenig wie das IOR.

Tatsächlich hat die Gerüchtebörse nie aufgehört zu brodeln, wenn es um dunkle Machenschaften der Vatikanbank ging (siehe Bericht rechts). Das IOR legt bis heute traditionell weder Bilanzen noch Rechenschaftsberichte vor. Formeller Eigentümer der Bank ist der Pontifex, der auch die Gewinne für sich beansprucht.

Vatikan-Vermögen

Immerhin verfügt der Papst als Oberhaupt des Vatikanstaats über eines der größten Vermögen der Welt: Die Schätzungen reichen von 1,2 Milliarden Euro bis hin zu 12 Milliarden Euro – und darüber hinaus.

Beträchtliche Teile des Vatikan-Vermögens sind in Wertpapieren und Goldreserven angelegt – dazu zählen Aktien von Weltfirmen wie IBM, General Motors oder dem Disney-Konzern.

Zwar sollen ethisch nicht vertretbare Investments wie in die Rüstungsindustrie oder in Pharma-Firmen, die Verhütungsmittel produzieren, tabu sein. Dennoch passierte ausgerechnet Papst Paul VI., der 1968 in der „Pillen-Enzyklika“ künstliche Empfängnisverhütung verbot, ein schwerer Lapsus: Der Vatikan besaß damals Anteile an einer italienischen Pharmafirma, die die Pille erzeugte. Paul VI. ließ die Aktien der Firma raschest abstoßen.

Zum Vermögen des Vatikans kommen aber auch Mieteinnahmen, der Verkauf von Sondermünzen, Briefmarken und Souvenirs, Abgaben aus der Kirchensteuer der Diözesen – und der sogenannte „Peterspfennig“: Dies ist eine alljährliche freiwillige Sonderspende der Gläubigen für den Papst zum Fest Peter und Paul am 29. Juni.

Der Peterspfennig steht ausschließlich dem Papst zu – im Jahr 2011 immerhin 54,6 Millionen Euro. Mit dieser größten konzertierten Spendensammlung der Welt soll die karitative Arbeit des Papstes unterstützt werden. Tatsächlich munkelt man, Teile davon würden zur Abdeckung des Defizits im Vatikan-Budget verwendet.

Zu den großen Einnahme-Posten zählten 2011 auch mehr als 91 Millionen Euro aus den vatikanischen Museen. 49 Millionen steuerte die Vatikanbank bei. Fast 26 Millionen spendeten weltweit die Diözesen der Weltkirche dem Heiligen Stuhl. In Summe umfasst das Budget des Vatikanstaats pro Jahr um die 400 Millionen Euro.

Goldreserven

Doch dies ist noch längst nicht das päpstliche Gesamtvermögen: Seine Goldreserven liegen in der Schweiz und in den USA.

Weiters zählen zum weltweiten Vatikan-Vermögen Kunstschätze sonder Zahl. Über sie sagte Papst Johannes Paul II. einmal: „Sie sind unverkäuflich, sie gehören allen Menschen.“

Dazu garantiert die Vermietung von tausenden Immobilien in Italien und in anderen Staaten ein beträchtliches Einkommen.

Allein in New York soll der Vatikan rund 850 Immobilien im Schätzwert von rund 1,5 Milliarden Euro besitzen. In London investiert der Vatikan seit Jahrzehnten in Immobilien: Etwa das Nobelhotel Bulgari, Juweliergeschäfte oder das Bankhaus an der Ecke St. James Square - Pall Mall gehören zum 600 Millionen Euro Immobilien-Imperium des Vatikans in London. Weiteren Immobilienbesitz hat der Vatikan in Paris, Zürich, Genf – und Österreich.

Österreich

Das Vermögen der katholischen Kirche in Österreich aus Grundbesitz, Immobilien und Finanzvermögen wird auf mindestens 4,5 Milliarden Euro geschätzt. Der echte Wert dürfte aber um einiges höher sein. Die Autoren Christoph Baumgarten, Carsten Frerk und Niko Alm haben dies in ihrem Buch „Gottes Werk und unser Beitrag – Kirchenfinanzierung in Österreich“ (Czernin-Verlag) penibel aufgelistet. Allein seit 2008 erhält die katholische Kirche vom österreichischen Staat jährlich einen Fixbetrag von 17,3 Millionen Euro.

2012 legte die katholische Kirche in Österreich erstmals ihre Finanzgebarung offen. Das Gesamtbudget der Diözesen betrug 2010 rund 500 Mio. Euro, der Großteil ist Kirchenbeitrag (http://kirchenfinanzierung.katholisch.at).

Den Grundstein für das Vatikan-Vermögen hat ausgerechnet ein Diktator gelegt: Die offizielle Anerkennung seines Faschisten-Regimes durch den Papst hatte sich Benito Mussolini in den Lateranverträgen 1929 umgerechnet knapp 70 Millionen Euro kosten lassen.

Lesen Sie morgen in Teil 6: Das Zölibat. Von verheirateten Aposteln zur Ehelosigkeit für Priester.

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