Die Zukunft der Straßenkinder

Concordia
Wie der Sozialverein Concordia Kindern und deren Familien aus der Ohnmacht hilft.

Fabian Robu erinnert sich, als wäre es gestern gewesen. Er saß in der "Farm der Kinder" in seinem Büro, als die damals zweijährige Betty zu ihm gelaufen kam, sich um seinen Unterschenkel klammerte und ihn anflehte: "Lass mich nicht mit diesem Mann mitgehen!" Der Mann, der sie für ein paar Tage zu sich holen wollte, war ihr Vater. Sie hatte ihn davor noch nie gesehen.

Denn Betty war nach der Geburt von ihrer Mutter weggegeben worden. Mit eineinhalb Jahren kam sie auf die Concordia-Farm in Ariceștii. Dort würde sie ein Zuhause und in Concordia-Mitarbeiter Fabian Robu ein bisschen einen Vater-Ersatz finden.

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Die "Farm der Kinder" war eines der ersten Projekte des Sozialvereins Concordia, der von Pater Georg Sporschill vor 25 Jahren gegründet worden ist. Nachdem das kommunistische System in Rumänien zerbrochen war, waren viele Unternehmen wirtschaftlich am Ende. Menschen verloren ihre Arbeit, Familien zerbrachen und Tausende Kinder landeten auf der Straße, in Bahnhöfen oder der Kanalisation von Bukarest. Sie schnüffelten Klebstoff, stahlen und bettelten. Ihnen bot Concordia Hilfe an.
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Heute gibt es Straßenkinder im damaligen Sinn nicht mehr. Doch es gibt immer noch genug zu tun – denn rund 40 Prozent der rumänischen Bevölkerung sind weiterhin von Armut und Ausgrenzung betroffen.

Ein Raum für fünf

Wie die 28-jährige Marianna. Sie lebt mit vier Kindern und ihrem Mann in Mimiu, dem Armenviertel der Stadt Ploiești. Ihr Haus besteht aus einem Raum, der vom Ehebett fast vollständig ausgefüllt wird. Ein Mal im Monat bringen Concordia-Mitarbeiter Lebensmitteln vorbei. An diesem Tag ist auch Schokolade für die Kinder dabei.

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Die beiden älteren Kinder, Adi und Deniza, gehen mittlerweile regelmäßig in die Schule. Und Deniza, von der es hieß, sie sei ein "hoffnungsloser Fall", ist im Unterricht bereits ziemlich gut.

Es sind kleine Schritte, aber es sind wichtige. In Mimiu liegt die Schulabbruchsrate derzeit bei 80 Prozent und ohne Bildung können die Jugendlichen kaum in die Gesellschaft integriert werden. Es gilt also in Ausbildungsstätten zu investieren. Das Haus an der Piață Concordiei (dem Concordia-Platz, wo 1991 alles begann) wird derzeit in ein Hostel samt Café verwandelt, das von Bedürftigen mitbetreut werden wird.

Vielleicht wird der 19-jährige Ricardo einmal hier arbeiten.

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Er kam im Alter von drei Jahren zu Concordia und wuchs, wie Betty, auf der Farm auf. Mit 17 schmiss er die Schule, er wollte lieber seine Mutter in Spanien suchen. Nach drei Monaten erkannte er, dass sein Plan nicht aufging und die Schule vielleicht doch Sinn macht. Nun absolviert er bei Concordia die Kellnerausbildung.

Und Betty? Betty ist 18 Jahre alt und wohnt in der Casa Eva, einer Art WG für Jugendliche in Bukarest. Das Haus wurde von den Box-Brüder Klitschko mitfinanziert.

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Betty wird heuer Matura machen. "Danach möchte ich Fotografin werden", sagt sie und macht es sich im Wohnzimmer bequem.
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Als Fabian Robu, der die Wohneinheit leitet, das hört, verschränkt er die Arme. "Ist das nicht eher ein Hobby?", meint er, wie das auch ein besorgter Vater sagen würde. Selbst als Betty daraufhin die Augen verdreht, sieht man darin ein Strahlen. Sie hat ein Zuhause und Menschen, die sie lieben. Was kann da noch schiefgehen?

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