Dicke Luft von Delhi bis Rom

Die Luftverschmutzung in Neu Delhi ist schlimmer als in Peking
Smog-Notstand in Italien und Indien: Wegen der enormen Luftverschmutzung wurden Fahrverbote verhängt.

"Tod beim Atmen", titelte eine Zeitung: Die Luft in Neu-Delhi ist eine der giftigsten der Welt. An vielen Tagen ist der Smog in der indischen Hauptstadt schlimmer als in Peking. Die enorme Luftverschmutzung in Delhi wurde lange einfach ignoriert. Jetzt sagt die Regierung dem Smog den Kampf an.

Ab ersten Jänner sollen – zunächst für eine zweiwöchige Probephase – Fahrverbote gelten. Abwechselnd dürfen nur Autos mit geradem und ungeradem Nummernschild auf die Straße. Lastwagen können nur noch nach 23 Uhr in die Stadt. Zwei Kohlekraftwerke werden abgeschaltet, und wer Müll offen verbrennt, muss mit hohen Strafen rechnen. Reinigungsfahrzeuge sollen den Staub von den Straßen saugen.

Von den Fahrverboten ausgenommen sind Roller und Motorräder. Das stellt aus der Sicht von Experten die ganze Maßnahme infrage, denn rund zwei Drittel der 8,5 Millionen Fahrzeuge in Neu-Delhi sind Zweiräder.

Auch der 29-jährige Varun Sharma, der auf einem Frachtschiff auf See arbeitet, glaubt nicht, dass die Fahrverbote viel bringen werden: "Es kommen jeden Tag neue Autos auf die Straße, die Verbote helfen also nur kurzfristig", meint er. "Jedes Mal, wenn ich nach Neu-Delhi zurückkomme, huste ich und die Nebenhöhlen entzünden sich." 43 Prozent der Kinder in der 17-Millionen-Metropole haben bereits eine reduzierte Lungenfunktion.

Passanten mit Atemschutzmasken – derartige Bilder, die man sonst eher mit asiatischen Metropolen in Verbindung bringt, sind nun auch in Italien Alltag: Die Luftverschmutzung in vielen Städten ist enorm. Mit umfassenden Fahrverboten wollen die Kommunen gegen den Feinstaub vorgehen.

Anti-Smog-Ticket

Bis morgen, Mittwoch, gilt etwa in Mailand von 10 bis 16 Uhr ein Fahrverbot für Privatautos. Um die Bürger zur Nutzung von Bim, Bus und Bahn zu motivieren, wurde ein Anti-Smog-Ticket eingeführt: Um 1,50 Euro können alle Öffis benutzt werden.

"Die Einschränkung des Privatverkehrs ist eine schmerzhafte, aber notwendige Maßnahme. Jeder muss ein Opfer bringen", sagte Mailands Bürgermeister Giuliano Pisapia. Leere Straßen statt Verkehrschaos prägten daher gestern, Montag, das Stadtbild von Mailand.

Auch Rom ist von der Luftverschmutzung betroffen – und reagiert ebenfalls mit Fahrverboten: Gestern, Montag, durften Autos mit ungerader Kennzeichen-Endziffer zur Stoßzeit nicht fahren. Heute, Dienstag, müssen dann Kfz mit geraden Ziffern stehen bleiben. Günstige Öffi-Tickets sollen die Menschen zum Auto-Verzicht animieren. Auch in Bergamo, Turin und Pavia gibt es Fahrverbote.

Die hohe Feinstaubkonzentration ist unter anderem auf das warme Wetter und zu wenig Regen und Wind zurückzuführen. "Der Smog-Notstand könnte noch einige Zeit andauern und in Zukunft viel häufiger auftreten", warnte Umweltminister Gian Luca Galletti. "Es sind die Effekte des Klimawandels, die man in vielen Teilen der Welt sieht." Bei einem Krisentreffen sollen weitere Maßnahmen diskutiert werden. Die Regierung will 35 Millionen Euro zur Förderung umweltfreundlicher Fahrzeuge zur Verfügung stellen.

Knallerei verboten

Viele Kommunen haben auch der Silvesterknallerei den Kampf angesagt: Um die Luftverschmutzung zu bekämpfen, ist das Zünden von Feuerwerken und Böllern in Mailand, Bergamo und Brescia strafbar. Doch nicht überall gilt das Böllerverbot wegen des Smogs: Einige Gemeinden wie etwa Cortina führten es zum Schutz der Tiere ein. Für Haus- und Wildtiere bedeute die Knallerei enormen Stress, hieß es bei Tierschutzverbänden. Und manche Städte wie Genua, Ventimiglia und Lucca verhängten das Feuerwerksverbot wegen der öffentlichen Sicherheit in Zeiten des Terror-Alarms.

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