Debatte über Boykott der Fußball-WM

Russische Fans bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Rio de Janeiro, Brasilien.
Politiker drängen wegen der Ukraine-Politik des Kreml auf ein Aus des Events 2018 in Russland.

Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in Berlin hat in Deutschland nun eine breite Debatte über die Fußball-WM in Russland 2018 ausgelöst. Der Staatschef hatte sich wegen der Politik des Kremls in der Ukraine-Krise für einen Boykott des sportlichen Großereignisses ausgesprochen. Und – sein Vorstoß fiel in der Bundesrepublik teilweise auf fruchtbaren Boden.

In der Pressekonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel hatte Poroschenko gesagt: "So lange russische Truppen in der Ukraine sind, halte ich eine WM in diesem Land für undenkbar." Im Interview mit Bild fügte Poroschenko hinzu: "Es muss über einen Boykott dieser WM gesprochen werden."

"Unvorstellbar"

Jetzt bekam der ukrainische Staatschef aus der CDU und deren Schwester CSU Schützenhilfe. Frank Steffel, Obmann des Bundestags-Sportausschusses, sagte: "So lange russische Soldaten völkerrechtswidrig in der Ukraine Zivilisten ermorden, kann es keine Fußball-Weltmeisterschaft in Russland geben." Hessens Sport- und Innenminister Peter Beuth (CDU): "Bei der Rolle, die Russland und Putin im Ukraine-Konflikt spielen, ist ein weiteres großes Sportereignis wie die WM 2018 in Russland unvorstellbar." Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte sich ähnlich. Sein Parteichef, und Ministerpräsident Horst Seehofer hatte schon 2013 gedroht: "Bleibt Putin bei seiner bisherigen Linie, kann ich mir eine Fußball-WM in Russland nicht vorstellen."

Merkel, die die Vermischung von Sport und Politik bisher immer sehr skeptisch sah, äußerte sich nicht direkt dazu: Sie wolle jetzt gar nicht so weit vorausdenken.

Aus den linken Parteien gibt es bisher keine Reaktion. Die SPD plädiert aber schon lange für mehr deutsches Verständnis für Putins Politik: Parteichef Sigmar Gabriel hatte im Dezember "eine neue Ostpolitik" gefordert. Deutschland solle "so auf Putin zugehen wie 1968 Willy Brandt auf Moskau mitten im Sowjet-Einmarsch in Prag."

Funktionäre dagegen

Die meisten Sportfunktionäre wollen allerdings keinen Boykott. Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, in der Bildzeitung: "Aus eigener leidvoller Erfahrung mit dem deutschen Boykott der Olympischen Spiele 1980 in Moskau weiß ich, dass Boykotte von Sportveranstaltungen zu nichts führen. Sie widersprechen dem Sinn des Sports, Brücken zu bauen." Ebenso Karl-Heinz Rummenigge, Chef des FC Bayern München: "Die Vergangenheit zeigt, dass Boykotte im Sport nicht die beabsichtigte Wirkung erzielt haben."

Die Zeiten sind vorbei, dass sich Österreich zum Thema "Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft 2018" eine Meinung ersparen könnte. Unübersehbar ist der sportliche Aufwärtstrend der Nationalmannschaft, zu konkret ist die Chance auf eine WM-Teilnahme.

Also, wie reagiert Österreichs Fußballbund auf den Boykottaufruf des ukrainischen Präsidenten Poroschenko? ÖFB-Chef Leo Windtner hat dazu ein klare Vorstellung: "Zugegeben, der Sport braucht die Politik, aber der Sport darf von der Politik nicht missbraucht werden."

Man habe schon vor den Olympischen Spielen in Sotschi ähnliche Diskussionen geführt. Herausgekommen sei nichts. "Und ich bezweifle auch, ob ein Boykott überhaupt irgendetwas bewirken würde", sagt Windtner. Er beruft sich dabei auf Beispiele aus der Vergangenheit. 1980, als Olympia in Moskau (russischer Einmarsch in Afghanistan) von den wichtigsten Nationen der westlichen Welt einfach ignoriert wurde. Vier Jahre später kam es zum Gegenboykott in Los Angeles. "Verändert hat dies das politische Klima aber so gut wie gar nicht. Darum halte ich von solchen Maßnahmen sehr wenig."

Windtner räumt ein, dass schon bei der WM-Vergabe "keine glückliche Entscheidung" getroffen wurde. Dies habe sich auch bei der WM 2022 in Katar fortgesetzt. "Vielleicht sollte man in Hinkunft bei den Vergaben mehr Sensibilität walten lassen."

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