Entführte Frauen schildern den Horror im Sambisa-Wald

Boko-Haram: Zwangsheirat, sexuelle Übergriffe und ständige Überwachung. Frauen schildern die Zeit in Geiselhaft.

Seit vergangenem Dienstag konnte die Regierung Nigerias rund 700 Menschen aus den Fängen der islamistischen Terrororganisation Boko Haram befreien. 275 Frauen und Kinder sind vorübergehend in einem Auffanglager untergebracht. Gegenüber Journalisten berichten nun Überlebende von der Zeit in Gefangenschaft und der dramatischen Befreiungsaktion, bei der viele Unschuldige getötet wurden.

Männer hingerichtet

Im Dezember überfielen Mitglieder von Boko Haram das Dorf Lassa. Sämtliche Männer wurden vor den Augen ihrer Familien hingerichtet, Frauen und Kinder wurden in das Wildreservat Sambisa verschleppt. Dabei handelt es sich um jenen Wald im Nordosten Nigerias, der als Rückzugsort der islamistischen Extremistengruppe gilt. Seit Jahren wird von Behörden versucht, die Kidnapper und Mörder in dieser Einöde zu stellen. Bislang vergebens.

"Als sie bemerkten, dass ich schwanger war, töteten sie meinen ‚ungläubigen‘ Mann"

Auch Lami Musa wurde entführt. Sie sollte mit dem Kommandeur zwangsverheiratet werden. "Als sie bemerkten, dass ich schwanger war, töteten sie meinen ‚ungläubigen‘ Mann", erzählt die Frau gegenüber BBC. Eine Woche nach der Geburt werde sie den Kommandeur heiraten, drohen die militanten Kämpfer.

Die Gefangenen wurden ständig bewacht. "Wir durften uns keinen Zentimeter bewegen", erinnern sich die befreiten Frauen. Asama Umoru beschreibt, dass sie nur einmal täglich trockenen Mais bekommen haben. Viele Frauen seien an Unterernährung gestorben, erzählt die 24-jährige Mutter eines zweijährigen Sohnes. "Jeden Tag wurden wir Zeugen, wie Freunde vor uns getötet wurden, einfach so."

Von Fahrzeugen überrollt

Lami, die noch immer den Kommandeur heiraten sollte, gebar vergangene Woche in der Geiselschaft eine Tochter. Am darauffolgenden Morgen kam es zur Rettung durch die nigerianische Armee. Es sei dramatisch gewesen. Die Islamisten wollten mit ihren Geiseln entkommen. Als sich die Frauen jedoch weigerten, wurden sie gesteinigt. Drei Frauen wurden während der Erstürmung im Kugelhagel getötet, auch durch Schüsse vonseiten der Befreier.

Entführte Frauen schildern den Horror im Sambisa-Wald
Women and children rescued from Boko Haram in Sambisa forest by Nigeria Military arrive at the Internally displaced people's camp in Yola, Adamawa State, Nigeria May 2, 2015. REUTERS/Afolabi Sotunde

Mit Tränen in den Augen schildert Umoru, dass Frauen und Kinder auch von Fahrzeugen überrollt wurden. Während der Offensive gegen Boko Haram wäre alles sehr schnell gegangen und die Soldaten haben geschossen und dabei nicht auf die Gefangenen geachtet. Auch beim Transport in das Auffanglager kam es zu schrecklichen Szenen. Drei Frauen seien vom Weg abgekommen und durch Minen getötet worden.

15.000 Menschen getötet

Seit Anfang 2014 entführte Boko Haram im Norden Nigerias mindestens 2000 Frauen und Mädchen. Die Terrororganisation kämpft für einen islamischen Staat im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias.

Seit dem Jahr 2009 wurden laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen bereits mehr als 15.000 Menschen getötet, darunter auch viele Kinder. Das nigerianische Militär wird im Kampf gegen die Terroristen von Truppen aus den Nachbarländern Kamerun, Niger und Tschad unterstützt.

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