Grafing-Attacke: Verdächtiger kurz zuvor in Klinik

Trauer nach Attacke in Bayern
Großeltern hatten vergeblich dessen Einweisung gewünscht. Diese erfolgte erst jetzt.

Nach der tödlichen Messerattacke am Bahnhof von Grafing bei München sind weitere Details zum Gesundheitszustand des mutmaßlichen Täters bekannt geworden. Demnach ließ sich der 27-Jährige nur zwei Tage vor der Bluttat in einer Klinik stationär behandeln. Das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) bestätigte am Mittwoch Medienberichte, wonach der junge Mann auf Anraten seiner Großeltern wegen seelischer Probleme einen Tag in einem Krankenhaus in Gießen zubrachte. Doch schon Montag früh habe er die Klinik wieder verlassen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann aus dem hessischen Grünberg bei Gießen Mord und dreifachen Mordversuch vor. Der anscheinend geistig verwirrte Mann hatte Dienstag früh am Bahnhof in Grafing einen 56 Jahre alten Fahrgast erstochen und anschließend drei weitere Männer durch Messerstiche teils lebensgefährlich verletzt. Das Motiv für die Bluttat blieb auch am Tag nach dem Verbrechen offen. Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich bekräftigte, dass der 27-Jährige bei seiner Vernehmung wirre Angaben gemacht habe.

Einweisung erwünscht

Nach Informationen der "tz" (Mittwoch) hatten die Großeltern noch am Wochenende erfolglos versucht, dass ihr Enkel in eine psychiatrische Klinik kommt. Die Zeitung zitiert den Großvater: "Wir haben die Polizei gebeten, ihn in eine Klinik einzuweisen. Aber die Beamten lehnten das ab." Sie sahen wohl keine Eigen- oder Fremdgefährdung bei dem 27-Jährigen. Immerhin ließ sich der junge Mann von seinen Großeltern ins Krankenhaus bringen, das er tags darauf aber verließ.

Am Mittwoch wurde der Verdächtige nun in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Der Ermittlungsrichter ordnete keine Untersuchungshaft, sondern die einstweilige Unterbringung in der geschlossenen Abteilung einer Nervenklinik an.

Unterdessen gedachten zahlreiche Menschen in Grafing der Opfer. Auf der Treppe zu den Bahnsteigen lagen Dutzende Blumensträuße, es brannten am Tag nach der Tat Kerzen. Auf einem laminierten Zettel stand: "Herzliche Anteilnahme für die Angehörigen + Freunde des Verstorbenen und der Verletzten. Wir fühlen und trauern mit Euch." Ansonsten erinnerte nichts mehr an das Verbrechen. Sämtliche Blutspuren wurden beseitigt. Der Zugverkehr lief normal.

Abends war in der katholischen Pfarrkirche St. Ägidius eine ökumenische Gedenkfeier geplant, an der neben Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) und dem Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) auch Oberbayerns Regierungspräsident Christoph Hillenbrand teilnehmen wollte. Das aus dem rund 20 Kilometer entfernten Wasserburg am Inn stammende Todesopfer war bei der Behörde in München beschäftigt. Nach dem Gottesdienst wollte Hillenbrand am Bahnhof eine Blumenschale zum Gedenken an seinen getöteten Mitarbeiter und die verletzten Opfer niederlegen.

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