Auschwitz-Prozess in Deutschland gestartet

KZ-Auschwitz, Archivaufnahme
Der 95 Jahre alte Beschuldigte erschien vor Gericht im Rollstuhl.

In der ostdeutschen Stadt Neubrandenburg hat am Montag ein Prozess gegen einen früheren SS-Sanitäter aus dem Konzentrationslager Auschwitz begonnen. Der 95 Jahre alte Beschuldigte erschien vor dem Landgericht im Rollstuhl. Es ist bereits der vierte Anlauf in dem Verfahren. Zuvor war der Prozessbeginn drei Mal aus gesundheitlichen Gründen gescheitert.

Kurz vor Verhandlungsbeginn wurde der Angeklagte noch einmal amtsärztlich untersucht. Dem Mann aus der Nähe von Neubrandenburg wird Beihilfe zum Mord in mindestens 3681 Fällen vorgeworfen. Die Verteidigung bestreitet eine Schuld ihres Mandanten.

Weitere Prozesse

Zuletzt hatte es in Deutschland zwei Prozesse gegen hoch betagte ehemalige SS-Männer aus dem KZ Auschwitz gegeben: Das Landgericht Detmold (Nordrhein-Westfalen) verurteilte einen Ex-KZ-Wachmann wegen Beihilfe zum Mord in 170.000 Fällen zu fünf Jahren Haft, das Landgericht Lüneburg (Niedersachsen) den als "Buchhalter von Auschwitz" bezeichneten 94-jährigen Oskar Gröning zu vier Jahren Haft wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Dass die Angeklagten erst so spät vor Gericht kommen, liegt an einer Änderung in der deutschen Rechtsauffassung. In früheren Jahrzehnten wurden nur diejenigen angeklagt, denen eine direkte Beteiligung an der Tötung der KZ-Gefangenen nachgewiesen werden konnte. Nach heutigem Verständnis gilt dagegen jeder als schuldig, der durch seinen Dienst in einem Vernichtungslager zum Funktionieren der Mordmaschinerie beitrug.

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