Mit uns und den Deutschen ist es ja so: Wir blicken ein bisschen bewundernd und ein bisschen neidig auf den großen Nachbarn, der in allem ein bisschen schneller ist als wir, beim Autofahren, beim Strandliegen-Belegen und beim geschliffenen Formulieren (also gut: da nicht nur schneller). Wenn er Fußball spielt, was er um Stadien besser tut als wir, halten die meisten von uns zum Gegner, wer immer das ist. Und wenn die Deutschen, sprich "Piefke", verlieren, freuen wir uns einen Haxen aus (wenn sie das einmal gegen uns tun, züchten wir eine Cordoba-Iwernarrisch-Fixation bis ans Lebensende).
Zugleich sehnen wir uns nach der Liebe des Nachbarn, dem wir verübeln, dass er zwar unsere Skipisten und Badeseen mag, uns als Ösis aber nicht wirklich ernst nimmt (selbst den einst über Wasser gehenden Kanzler wollen sie jetzt nicht mehr).
In der Psychoanalyse wäre vom Großer-Bruder-Komplex die Rede. Aber stimmt dieses Bild vom Bild, das der Österreicher vom Deutschen hat?
Die größte Studie, die je zum Thema "Deutschland-Bild in der österreichischen Bevölkerung" gemacht wurde, bestätigt, präzisiert und differenziert dieses Bild. "Das Image der Deutschen und Deutschlands in Österreich ist gut, aber zugleich sind die Erwartungen an Verbesserungen hoch", formuliert es Ralf Beste, der deutsche Botschafter in Österreich, der die Studie am Mittwoch vorstellte, diplomatisch.
Pünktliche Nörgler
So fallen ein Viertel der spontanen Assoziationen zu "typisch deutsch" bei den 1.004 von "Integral" Befragten positiv aus (Pünktlichkeit, Genauigkeit, Fleiß), ein Fünftel aber negativ (Überheblichkeit, Nörgelei, Bürokratie). Die Sympathie der Deutschen liegt auf einer zehnstufigen Skala bei 6,1, – Luft nach oben also. Wobei die Deutschen in Tirol und Vorarlberg weniger sympathisch als in anderen Regionen Österreichs gesehen werden, obwohl die Sympathie bei besserem Kennen steigt (und übrigens bei über 50-Jährigen höher ist als bei Jüngeren).
Klischees wie Sandalen mit weißen Socken, Schnitzel mit Tunke, Currywurst oder das Reservieren von Liegestühlen spielen bei spontanen Assoziationen übrigens eine geringe Rolle. Dafür halten 72 Prozent die Deutschen für klischeehaft gründlich, für verlässlich (67 Prozent), direkt (60 Prozent) und freundlich – und rechthaberisch (59 Prozent).
Die dem Deutschen zugesprochene Arroganz und das laute Auftreten mag der Österreicher gar nicht. Jeder Zweite attestiert den Deutschen eine Behandlung Österreichs von oben herab – man wünscht sich eine stärkere Rücksichtnahme und ein bescheideneres Auftreten gegenüber Österreich – und ein selbstbewussteres Österreichs. In der EU sollte viel mehr gemeinsam agiert werden, der deutsche Einfluss ist 40 Prozent der Österreicher zu groß.
Trotz der Differenzen können sich drei Viertel der Österreicher eine Partnerschaft mit einem/einer Deutschen vorstellen, 84 Prozent würden in Deutschland Urlaub machen.
Die Mehrheit ist jedenfalls der Meinung, dass Deutsche anders ticken als Österreicher (78 Prozent).
Gesessen ist : gesessen hat
"Was die Deutschen und die Österreicher trennt, ist ihre gemeinsame Sprache", soll ja schon Karl Kraus einmal gesagt haben, aber das Bonmot stammt nicht von ihm. Was von ihm stammt, ist: "Dass der Österreicher gesessen ist, während der Deutsche auch in diesem Zustand nicht müßig war, sondern gesessen hat, bezeichnet den ganzen Unterschied der Temperamente."
Da sind wir wieder am Anfang: Das andere Temperament beneiden wir, für unseres wollen wir aber auch gemocht werden. Vielleicht gibt’s die Umfrage ja auch einmal umgekehrt.
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