In Österreichs Gewässern schlummert viel ungenutzte Energie

In Österreichs Gewässern schlummert viel ungenutzte Energie
Eine riesige Wärmepumpe an der Nordsee zeigt, dass auch Österreichs Gewässer reichlich Energie liefern könnten.

von Geoffrey Ebner

Im August wurde in der Stadt Esbjerg an der dänischen Nordseeküste das lokale Kohlekraftwerk stillgelegt. An seine Stelle tritt die weltgrößte Meerwasser-Wärmepumpe, gebaut von der Schweizer Firma MAN. Die Wärmepumpe entzieht der Nordsee ihre natürliche Wärme und soll damit künftig 25.000 Haushalte versorgen. Selbst bei Wassertemperaturen im niedrigen einstelligen Bereich können 100.000 Personen ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe ihre Wohnheime beheizen und warmes Wasser nutzen.

Was in Dänemark möglich ist, wäre auch in Österreich machbar, sagt Richard Freimüller, Verbandspräsident von Wärmepumpe Austria. Österreich hat zwar keinen Meerzugang, dafür aber reichlich Süßwasserquellen. Flüsse und Seen sind ebenso wie Meerwasser wärmer als Luft. Laut den Seewasserverbunden Zürich können 90 Prozent der CO₂-Emissionen, die fossile Wärmequellen ausstoßen würden, eingespart werden, wenn auf eine Wärmeversorgung durch See- und Flusswasser umgestiegen wird.

Ein Blick in die Schweiz zeigt, was möglich ist. Dort werde Wärme aus Flüssen und Seen umfangreich genutzt, sagt Freimüller. Vorzeigeprojekt ist der Zürichsee. Dieser heizt viele umliegende Ortschaften und versorgt sie mit Warmwasser. Das Volumen des Sees sei groß genug, um die Wassertemperatur nicht merklich zu beeinflussen, meinen die Seewasserverbunde Zürich. Der Vierwaldstättersee versorgt weitere 6.800 Haushalte. Die Energieversorgung aus Schweizer Seen und Flüssen wird laufend ausgebaut. 

Österreich spät dran

Schon früh hat die Schweiz einen Katasterplan erstellt, eine Analyse der Risiken und Potenziale: Wie viel Energie lässt sich aus den Schweizer Seen und Flüssen abschöpfen? Welche Risiken bestehen für die Umwelt? So konnten Schweizer Firmen früh mit dem Bau von Wärmepumpen beginnen. In Österreich fehlt ein solcher Plan bis heute. Darin sieht Freimüller den Grund, warum ähnlich umfangreiche Projekte in Österreich bis heute auf sich warten lassen. Ein politischer Wille sei bisher nicht dagewesen.

Ein einsames Großprojekt läuft in Vorarlberg am Bodensee. Dort hat eine Grundlagenstudie errechnet, dass potenziell 3.400 Gebäude mit noch mehr Haushalten versorgt werden könnten. Noch werden nur das Festspielhaus und ein Hallenbad mit Wärme aus dem Bodensee versorgt. Das Potenzial der österreichischen Flüsse und Seen ist aber groß. Theoretisch könne jeder mittelgroße Fluss angrenzende Haushalte beheizen und mit Warmwasser versorgen, meint Freimüller.

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