Lebenszeichen
Bis heute, ein gutes Monat später, gehen die Suchmannschaften davon aus, dass die Kinder noch am Leben sind. Indizien wie Fußspuren, eine Babyflasche, eine gebrauchte Windel, Reste verzehrter Mangos und ein aus Ästen und Blättern gebauter Unterschlupf, die während der großangelegten Suche in der unwegsamen Region gefunden wurden, deuten darauf hin, dass sich die Kinder bisher erfolgreich ihren Weg durch den Dschungel bahnen. Ihr Vorteil: Als Mitglieder einer indigenen Gemeinschaft kennen sie Gegend und ihre Gefahren.
Happy End
Dass derlei Fälle durchaus gut ausgehen können, zeigt die Geschichte der Juliane Koepke. Sie überlebte 1971 als einzige den Absturz einer mit 91 Personen - darunter auch ihre Mutter - besetzten LANSA-Maschine über dem peruanischen Regenwald. Obwohl sich die damals 17-Jährige beim Sturz aus 3.000 Metern eine schwere Gehirnerschütterung, einen Schlüsselbeinbruch, einen Kreuzbandriss, eine gestauchte Halswirbelsäule und mehrere tiefe Schnittwunden zugezogen hatte, schaffte sie es, elf Tage lang in der Wildnis auf sich allein gestellt, zu überleben.
Als Tochter zweier deutscher Zoologen, die im peruanischen Dschungel eine Forschungsstation betrieben, kannte sie sich im Dschungel aus. Sie folgte dem Lauf eines Flusses, verarztete ihre mittlerweile von Maden befallenen Wunden notdürftig selber und traf nach neun Tagen mühsamer Wanderung auf Fischer, die endlich die Rettung in die Wege leiteten. Jahre später übernahm sie als mittlerweile etablierte Biologin die Leitung der peruanischen Forschungsstation von ihrem Vater und setzt sich bis heute für den Regenwald ein.
Wanderung ohne Wiederkehr
Ein Happy End, das den Niederländerinnen Kris Kremers und Lisanne Froon nicht vergönnt war. 2014 waren die Freundinnen, nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums, zu ihrem großen Abenteuer aufgebrochen: Einer sechswöchigen Backpacking-Reise durch Panama. Zwei Wochen ihrer Reise hatten sie bei ihrer Ankunft in Boquete, einer verschlafenen Kleinstadt im panamaischen Hochland, schon hinter sich.
Am sonnigen 1. April begaben sie sich auf eine Wanderung des etwa 8 km langen Pianista-Trails, der mitten in den für diese Region typischen Nebelwald führt. Maximal vier Stunden sollte man im Normalfall für den Weg brauchen - die jungen Frauen aber kehrten nicht wieder und blieben verschwunden.
Beunruhigende Fundstücke
Zehn lange Wochen der Suche waren vergangen, als im Urwald ein Rucksack gefunden wurde, der den Touristinnen zugeordnet werden konnte. Darin unter anderem eine Wasserflasche, Froons Pass, etwas Bargeld, eine Kamera und die beiden Smartphones. Diese waren erstaunlicherweise so gut erhalten, dass sich das Schicksal der beiden Verschundenen zumindest rudimentär rekonstruieren ließ.
Handydaten zufolge wählten sie bereits wenige Stunden nach Beginn der Wanderung den internationalen Notruf. Dasselbe am nächsten und übernächsten Tag - unter dem dichten Blätterdach gab es aber keinen Empfang. Bis zum 11. April wurden erst beide, dann nur noch eines der Handys auf- und wieder abgedreht.
Ebenso beklemmend erwies sich die Auswertung der Fotos auf der Digitalkamera. Während die Bilder vom 1. April noch fröhliche Schnappschüsse der beiden entlang des Pianista-Wegs zeigen, bieten die nächsten, am 8. April geschossenen, Fotos einen harten Kontrast: Die über 90 nachts mit Blitz entstandenen Bilder zeigen nichts als Dunkelheit, Regen, eine Felswand, ein paar dürre Äste und Kris Kremers erdbeerblonde Haare. Über den Grund, der die Frauen zum manischen Fotografieren veranlasste, lässt sich nur spekulieren: Die einen meinen, sie wollten mit dem Blitz jemand oder etwas vertreiben, andere sagen, sie wollten auf sich aufmerksam machen oder den Weg ausleuchten.
Gewissheit
Als zwei Monate später einzelne Knochen gefunden wurden, war es traurige Gewissheit: Kremers und Froon waren tot. Viele Fragen aber bleiben bis heute offen: Erlagen die beiden einem Unfall, den Elementen oder gar einem Gewaltverbrechen? Gewissheit besteht nur darüber, dass ihnen die Wanderung in den Nebelwald das Leben kostete.
Nach den im kolumbianischen Amazonas verschollenen Kinder wird aber nach wie vor gesucht. In diesen Tagen sprach auch der kolumbianische Verteidigungsminister den Suchtrupps Mut zu. Der Name der Suchaktion ist "Operation Hoffnung". Er gibt die Richtung vor.
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