Kampf um nackte Würde: Spanische Sängerin performte oben ohne

Eva Amaral
Künstlerinnen setzen sich für das Recht auf weibliche Nacktheit in der Öffentlichkeit ein. Auch deswegen, weil im Schwimmbad viele Frauen Angst vor sexueller Aggression haben.

„Niemand kann uns die Würde unserer Nacktheit nehmen. Die Würde unserer Zerbrechlichkeit, unserer Stärke. Dafür gibt es zu viele von uns.“ Mit diesen Worten riss die spanische Sängerin Eva Amaral sich kürzlich auf einer Festivalbühne im Norden ihres Heimatlandes das Oberteil vom Körper und performte ihren Song „Revolución“ oben ohne.

Die 51-Jährige, die mit ihrem Gitarristen seit vielen Jahren sehr erfolgreich als Duo Amaral performt, widmete das Lied einer ganzen Reihe spanischer Künstlerinnen. Der Musikerin Rocío Saiz etwa, die ihre Brüste während ihres Konzertes bei der Regenbogenparade in Murcia bedecken musste – dabei war sie bereits seit zehn Jahren immer wieder oben ohne aufgetreten. Oder der Sängerin Rigoberta Bandini, die 2022 Songtexte wie „Ich weiß nicht, warum unsere Brüste so furchteinflößend sind“ barbusig sang und damit für viel Aufregung sorgte.

Eva Amaral erklärte in einem Interview nach ihrer Aktion, sie habe ein Zeichen für die Freiheit der Frauen setzen wollen, sich nackt zu zeigen. Dabei geht es Amaral wohl nicht nur um ihre Kolleginnen aus dem Showgeschäft, sondern um das Recht aller Frauen, sich in der Öffentlichkeit ohne Oberteil zu zeigen.

Dass dieses in mehreren Ländern Europas bedroht ist, zeigt ein Blick in Schwimmbäder: Frauen, die oben ohne baden – etwas, das vor 40 Jahren zum Beispiel auch in Österreich gang und gebe war – sind seltener geworden. Immer wieder kommt es zu Vorfällen, bei denen Frauen Bäder verlassen müssen, weil sie ihre Brüste nicht bedecken wollen.

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Immer weniger oben ohne im Bad

Spanien ist zwar noch immer jenes Land mit der größten Anzahl an Frauen, die ohne Oberteil sonnenbaden. Doch eine Ifop-Studie zeigte, dass das auch dort immer unüblicher wird. Besonders junge Frauen baden lieber mit Oberteil als ohne. Die Hälfte jener, die sich beim öffentlichen Baden bedecken, sprachen von einer „Angst vor sexueller Aggression“.

Feminismus-Expertinnen beobachteten in den vergangenen Jahren deutliche Rückschläge, was die Frauenrechte in Spanien anbelangt. Demnach geht es heute wieder vermehrt um Themen, die viele schon längst für ausdiskutiert gehalten hatten. Dabei galt Spanien zuletzt durch Maßnahmen wie die Krankenstandsmöglichkeit bei Regelschmerzen eigentlich als feministisches Vorreiterland.

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Politisches Statement

Sich öffentlich oben ohne zu zeigen, ist in Spanien bereits seit den 1970ern ein Akt der Rebellion für sexuelle Freiheit, damals in einem noch streng katholischen System. Die feministische und aus der Ukraine stammende Gruppe Femen dürfte die politische Bedeutung von Oben-ohne-Aktionen noch stark verstärkt haben. Sie ist für solche bekannt und in Spanien stärker präsent als in anderen Ländern Europas.

Bei der Parlamentswahl im Juli dürfte Spaniens Frauenbewegung mit der erfolgreichen, linken Feministin Yolanda Díaz eine mächtige Verbündete gewonnen haben. Der Sängerin Amaral dankte die Vize-Ministerpräsidentin nach ihrer Aktion dafür, bedrohte Frauenrechte zu verteidigen.

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