Und das, obwohl es in den meisten nie offiziell verboten war. Auslöser war die Empörung nach mehreren Vorfällen, in denen Frauen und Transgender-Personen Bäder verlassen mussten, weil sie ihre Brüste nicht verdecken wollten. Damit soll vielerorts ab dieser Saison Schluss ein, die Entscheidung über das Oberteil bei jeder Person selbst liegen. Die Betreiber österreichischer Bäder sehen das ähnlich.
Was bei dieser Debatte mitschwingt, ist die Frage: Haben wir das nicht schon vor Jahrzehnten ausdiskutiert? In den 1980ern waren Frauen ohne Oberteil in den Bädern schließlich gang und gebe.
Warum ist das heute nur noch vereinzelt zu beobachten?
Petra Unger, Expertin für Gender Studies und Feministische Forschung, bringt das im KURIER-Gespräch mit wieder konservativeren Werthaltungen in Verbindung. Diese würde sich neben einer gewissen Lustfeindlichkeit auch in unserer Einstellung zu Produktivität zeigen: „Wir haben wieder mehr Körperdisziplin – der Arbeitsmarkt verlangt hochdisziplinierte Geister und Körper, so ist am meisten aus den Menschen rauszuholen. Sexualität bedeutet aber das Gegenteil, nämlich Kontrollverlust.“
Der Trend gehe derzeit ja auch wieder eher zurück zu monogamen Beziehungen und dem Heiraten.
"Anker in unsicherer Zeit"
„Das sind Anker: Wenn es Verunsicherungen gibt, greift man auf althergebrachte Muster zurück“, sagt Unger. Auch soziale Medien könnten eine Rolle spielen: „Im Internet ist alles nackt und über-sexualisiert. Das Bedürfnis, sich zu bedecken, kann eine Antwort darauf sein.“ Und trotz feministischer Erfolge der letzten Jahre ist laut der Expertin noch immer ein trauriger Umstand Realität: „Sobald Frauen im Bikini sind, sobald sie nackt sind, haben sie mit Übergriffen zu rechnen.“
Die nackte Brust einer Frau als Einladung, hin zu greifen, sei eine Fehlinterpretation aus sexistischen Denkweisen. Manche Frauen würden sich verhüllen, damit Männer ihre Triebe besser kontrollieren können: „Die Verantwortung wird so auf die Frauen gelegt – das kennen wir nicht nur aus dem Islam“ , sagt Unger.
Laut einer deutschen Umfrage vom letzten Jahr sind junge Männer im Vergleich mit älteren weniger begeistert davon, wenn Frauen im Schwimmbad ihre Brüste zeigen. „Es existiert die Meinung, dass der weibliche Körper nicht für alle Blicke zur Verfügung stehen soll, sondern nur für bestimmte – etwa jene des eigenen Partners“, sagt Unger.
Selbstbestimmung
In der Öffentlichkeit selbst darüber zu bestimmen, wann und wie eine Frau ihre Brust zeigt, schränkt demnach die Macht der Männer über ihre Partnerinnen ein.
Feministinnen gehe es darum, ihren Körper weder zeigen noch verstecken zu müssen. Das Ziel sei ein unaufgeregter Umgang damit: „Eine Ent-Sexualisierung, aber ohne Sexualität tabuisieren zu wollen. Sexualität sollte Freude bedeuten und kein Machtinstrument sein“, sagt Unger. Mehr als über "Oben ohne" müsse man über sexistisches Verhalten von Männern und die Übergriffe in Schwimmbädern diskutieren.
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