Rockerkrieg in Köln: "Als wären wir hier im Wilden Westen"

Der erste deutsche "Hells Angels"-Ableger entstand 1973.
Das sagt der Polizeipräsident. Wenn Bandidos und Hells Angels aufeinander losgehen, ist niemand mehr sicher.

Wenige Fußminuten vom Kölner Dom entfernt peitschen Schüsse durch eine Straße. Stunden später geht ein wahrer Kugelregen auf eine Spielhalle nieder: Das sind Szenen aus Köln vom vergangenen Freitag. Mancher Einwohner fragt sich seitdem: Ist das jetzt Wilder Westen hier? Am Mittwoch gab Polizeipräsident Uwe Jacob die Antwort: Ja, das ist Wilder Westen. „Mitten auf Kölner Straßen wird mit hochkarätigen Waffen geschossen“, sagte er bei einer Pressekonferenz. „Als wären wir hier im Wilden Westen wird hier rumgeballert.“

Konflikt gegen Rockerbanden schaukelt sich weiter hoch

Hintergrund der Schießereien ist ein sich immer weiter hochschaukelnder Konflikt zwischen den Rockerbanden Bandidos und Hells Angels. Die Bandidos dominieren in Nordrhein-Westfalen seit langem das Ruhrgebiet, im Rheinland hatten eher die Hells Angels das Sagen. In letzter Zeit aber, so erläutert Klaus-Stephan Becker, Leiter Direktion Kriminalität, hätten die Hells Angels in Köln zunehmend ihre Durchsetzungskraft und Reputation in der Szene eingebüßt. In dieses Machtvakuum wolle jetzt der Bandidos-Chef vorstoßen.

"Glücklicher Zufall, dass bisher niemand zu Tode gekommen ist"

Auf Außenstehende wird dabei keine Rücksicht genommen. „Hier ist ein offener Konflikt auf der Straße entstanden, wo Unbeteiligte extrem durch gefährdet werden“, stellt Jacob klar. Wer gerade zur falschen Zeit am falschen Ort ist, hat eben Pech. Es sei nur ein „glücklicher Zufall, dass bisher noch niemand zu Tode gekommen“ sei, räumt Becker ein. Jacob sagt: „Mich macht es zornig.“

Wer sind diese Leute, denen das Leben unschuldiger Menschen demnach gleichgültig ist? Die Polizei zeigt Fotos, die die Bandidos und die Hells Angels bei Treffen vor der Kölner Lanxess-Arena jeweils von sich gemacht haben. Man sieht junge dunkelhaarige, muskelbepackte Männer. „Das sind ganz überwiegend Migranten unterschiedlicher Nationalitäten“, erläutert Becker. Junge Männer aus der Türkei seien darunter, aus dem Kosovo und aus Nordafrika.

Mit den klassischen Rockern von früher haben diese Gruppen nach Einschätzung der Polizei nicht mehr viel zu tun. Manche hätten noch nicht mal ein Motorrad. Es handele sich vielmehr ganz einfach um Kriminelle, die unter dem Nimbus der Rocker ihre wirtschaftliche Interessen verfolgten. Es geht um die Türsteher-Szene, um Shisha-Bars, Drogenhandel. Dabei sind die Banden gar nicht mal so groß: ungefähr 50 Leute pro Gruppe in Köln.

Und jetzt - was will die Polizei unternehmen? „Wir werden es nicht dulden, dass es in Köln so weitergeht wie bisher. Wer hier in Köln den Rechtsstaat so herausfordert, der wird Antwort bekommen“, gelobt Jacob. Erste Durchsuchungen habe es am Mittwoch schon gegeben. Zudem werde man verstärkt kontrollieren. Es würden Zivilfahnder und erfahrene Ermittler aus dem Bereich der organisierten Kriminalität eingesetzt. Ein wichtiger Punkt sei auch die Finanzermittlung: Wie kommen die Bandenmitglieder zum Beispiel an ihre superteuren Autos? „Wir handeln ununterbrochen“, betont Jacob. Aber er räumt auch ein: Man brauche einen „langen Atem“ dazu.

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