Die Geschichte der Schauspielerin, die in ständiger Angst leben muss, hat die feministische Karnevalsgruppe „Mulheres brillantes“ („Wunderbare Frauen“) dazu bewogen, Machado zu ihrer „Madrina“ (Patin) zu machen. Die Gruppe existiert seit etwa zwei Jahren und besteht unter anderem aus Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden. Die Gewaltopfer treffen einander wöchentlich, um sich gemeinsam auf den Karneval vorzubereiten. Vor allem aber auch, um unter Gleichgesinnten Erfahrungen auszutauschen und solidarisch zu sein.
Frauen sind Teil des Festes
„Es tut gut, einander zuzuhören und in den Arm zu nehmen“, sagt Machado. „Die Augen der Welt sind in diesen Tagen auf Rio gerichtet. Was wir brauchen, ist, ein Bewusstsein für das Verhältnis zwischen Männern und Frauen. Und die Freude, die der Karneval spendet, kann dabei helfen.“
Ein Ziel ist es, Frauen, die in einer ähnlichen Situation leben, Mut zu machen, nicht länger zu schweigen, sondern ihre Peiniger anzuzeigen. Die Botschaft der Gruppe: „Zusammen sind wir stärker, alleine kann eine Frau so etwas nicht durchstehen.“
Das Bild des Karnevals von Rio im Ausland wird vor allem von halb nackten Tänzerinnen geprägt. Wer aber hinter die Kulissen blickt, entdeckt einen immer politischeren Karneval. Die Sambaschule Mangueira, die amtierende Meisterin von Rio, will etwa mit einem „schwarzen Jesus Christus“ auflaufen und damit gegen die Unterdrückung der Indigenen und Afrobrasilianer demonstrieren. Proteste gibt es von den evangelikalen Kirchen, die Gotteslästerung vermuten.
"Nicht mehr aufzuhalten"
Derweil ist Ana Beatriz Tinoco in eine Männerdomäne des Karnevals vorgestoßen. „Ich bin verantwortlich für die ,Küche‘, das ist der Teil der Trommelgruppe, genannt Bateria, in der die Musik bei den Umzügen gemacht wird“, sagt sie. „Unsere Repräsentanz ist wichtig, denn in der Vergangenheit waren nur Männer an den Trommeln, heute sehen wir, dass Frauen das Gleiche leisten können. Sie haben immer gesagt, wir hätten dazu nicht die Kraft, heute zeigen wir, dass das nicht stimmt.“
Indes hat Samba-Künstlerin Fabiola Machado von der Gruppe „Moca Prosa“ am letzten Wochenende vor Karneval den Platz im Zentrum der Stadt, an dem früher die Sklaven aus Afrika verkauft wurden, als Auftrittsplatz ausgewählt: „Unsere Musik stammt aus dem ersten schwarzen Stadtviertel von Rio de Janeiro, Pedra do Sal. Ein Platz des historischen Widerstandes.“ „Moca Prosa“ hat sich einen Platz in der Szene erkämpft, ist zwar nicht so berühmt wie ihre männlichen Kollegen, hat aber eine Symbolkraft, die weit über den Karneval hinaus geht.
„Die Frauenbewegung wächst in Brasilien, in ganz Südamerika und in anderen Ländern. Sie ist eine Bewegung, die nicht mehr aufzuhalten ist. Sie werden viele Feuer brauchen, um so viele Hexen zu verbrennen“, sagt Fabiola Machado. Jedes Jahr gebe es mehr feministische Gruppen und Bewegungen, die zusammen rausgehen und sich vergnügen, aber in einer Art und Weise und mit dem Respekt, den sie sich wünschen. „Der Zusammenschluss dieser Frauen ist fundamental für den Karneval.“
Aber immer das Klischee
Unterdessen dominieren rund um den Karneval aber die üblichen klischeehaften Meldungen. So kündigte etwa Luana Caettano, Tänzerin in der Sambaschule Acadêmicos do Sossego, medienwirksam an, mit dem kleinsten je gemessenen „Kostüm“ aufzutreten: Der Streifen, der ihren Intimbereich bedecken wird, misst gerade einmal 1,4 Zentimeter Breite.
Kommentare