Blockaden
Vor allem in den Dörfern im Hohen Atlas war die Lage katastrophal. Menschen gruben verzweifelt in den Trümmern, um Angehörige zu retten oder ihre Leichen zu finden, damit sie sie beerdigen konnten. Für die Rettungskräfte ab es anfangs kein Durchkommen – die Bergstraßen waren durch herabgestürzte Felsen blockiert.
Schwere Maschinen wurden eingesetzt, um die Straßen zu räumen, und Rettungsteams arbeiteten daran, Zugänge zum Berg zu öffnen. Aber das brauchte Zeit – Zeit, die die Dorfbewohner nicht hatten.
Und so setzten sie ein, worauf sie sich seit Jahrhunderten verlassen können: ihre Esel. So sind Fotos aufgetaucht, die zeigen, wie die Bewohner Esel nutzen, um Schutt wegzuräumen, um Hilfsgüter an schwer zugängliche Stellen zu transportieren und um Menschen dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden.
Die flinken Tiere konnten sich ihren Weg auf kaum sichtbaren Pfaden bahnen, beladen mit prall gefüllten Satteltaschen und manchmal auch mit einer Person auf dem Rücken. Dreißig Prozent des eigenen Körpergewichts kann ein Esel ohne Probleme tragen. Meist wird den Tieren noch viel mehr aufgeladen.
Billige Arbeitskraft
Familien, die ihre Häuser verloren hatten, bauten Unterkünfte, wo immer sie konnten, und stellten sicher, dass sie Pfähle aufstellten, an denen sie ihre Esel festbinden konnten. Sie sorgten auch dafür, dass die Tiere gefüttert und gepflegt wurden – was nicht immer vorkommt. Esel gelten in Marokko als billige Arbeitskräfte, die man einfangen und beladen kann und nach getaner Arbeit einfach stehen lässt. Doch das Erdbeben ließ die Bedeutung der Vierbeiner massiv steigen.
Während auch zahlreiche Esel dem Erdbeben zum Opfer fielen, hatte ein Tier großes Glück: Walisische Rettungskräfte konnten Tage nach dem Beben in Imi n’Isli, südlich von Casablanca, einen unter einem eingestürzten Haus gefangenen Esel befreien. Das Tier dürfte das Beben nahezu unverletzt überstanden haben.
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