Nach Amoktat in Hamburg: Mitarbeiter der Waffenbehörde im Fokus

Nach Amoktat in Hamburg: Mitarbeiter der Waffenbehörde im Fokus
Es laufen auch polizeiliche Ermittlungen gegen Mitglieder des Schießklubs des Täters.

Nach einer Amoktat mit acht Toten bei einer Versammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg in Norddeutschland wird gegen einen Mitarbeiter der Waffenbehörde wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Der Mann soll Informationen über den psychischen Zustand des späteren Todesschützen innerhalb der Behörde nicht korrekt weitergeleitet haben, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag mit.

Auch gegen drei Mitglieder eines im Schießverein des späteren Amokläufers tätigen Prüfungsausschusses werde ermittelt. Gegen den Mitarbeiter der Waffenbehörde bestünden Anhaltspunkte für den Verdacht der fahrlässigen Tötung in sechs Fällen sowie der fahrlässigen Körperverletzung im Amt in 14 Fällen, teilte die Sprecherin mit.

Informationen zum Täter nicht weitergegeben

Er soll Informationen über den Amoktäter, die er über einen Mitarbeiter des Schießklubs aus dem familiären Umfeld des Täters erhalten hatte, weder dokumentiert noch ordnungsgemäß innerhalb der Waffenbehörde weitergeleitet haben. So soll er nicht darauf hingewiesen haben, dass er selbst vorgeschlagen habe, ein am 24. Jänner bei der Waffenbehörde eingegangenes Schreiben als "anonyme" Anzeige zu schicken, obwohl er mögliche Urheber sowie weitere Hintergründe kannte. Es sei sozusagen eine bestellte anonyme Anzeige gewesen, hieß es aus Ermittlerkreisen.

Mehr dazu hier: Schüsse in Hamburg mit acht Toten: Was man über den Täter weiß

In Unkenntnis dessen ordnete der zuständige Sachgebietsleiter der Waffenbehörde nach Angaben der Staatsanwaltschaft nur eine unangekündigte Aufbewahrungskontrolle für die im Besitz des 35-Jährigen befindliche Schusswaffe an, anstatt sich gezielt weitere Informationen zu verschaffen und die Waffe nebst Munition sodann umgehend sicherzustellen.

Zehn Durchsuchungsbeschlüsse

Am Donnerstag seien zehn Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Hamburg vollstreckt worden. Die Durchsuchungen betrafen die Wohnanschriften der vier Beschuldigten, den Arbeitsplatz des Mitarbeiters der Waffenbehörde sowie Räumlichkeiten des Vereins. Gegen die drei Mitglieder des Prüfungsausschusses wird wegen des Anfangsverdachts der Falschbeurkundung im Amt ermittelt. Der Prüfungsausschuss hatte dem späteren Amoktäter "blanko" ein auf den 28. April 2022 datiertes Sachkundezeugnis ausgestellt. Tatsächlich soll er die praktische Sachkundeprüfung am 28. April jedoch nicht bestanden haben. Gegenüber sämtlichen Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Amoklauf im März

Der 35-Jährige hatte am 9. März nach einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg-Alsterdorf mit einer halbautomatischen Pistole sieben Menschen und schließlich sich selbst getötet. Nach einem anonymen Hinweis wenige Wochen vor der Tat war der 35-Jährige von der Waffenbehörde überprüft worden.

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