"Kinderschutz-Konferenz": Glaubwürdigkeitstest für Vatikan

Für Papst und Kirche ist diese Woche ein wichtiger Test. Das Thema der Konferenz: Missbrauch.

Von einem "Glaubwürdigkeitstest" und der "wichtigsten Woche“ für das "Pontifikat von Papst Franziskus" ist im Vorfeld der viertägigen "Kinderschutz-Konferenz", die am Donnerstag im Vatikan beginnt, die Rede. Franziskus wird mit kirchlichen Verantwortlichen aus aller Welt über die Missbrauchskrise in der katholischen Kirche beraten.

Am Wochenende sendete der Pontifex ein Signal, dass es keine Toleranz gegenüber Missbrauch mehr geben werde. Er hat den Ex-Erzbischof von Washington, Theodore McCarrick, der im Juli 2018 seinen Kardinalsstand verlor, aus dem Klerikerstand entlassen. McCarrick ist wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen schuldig gesprochen. Bei der Pressekonferenz im Vatikan sagte der Mitorganisator, Jesuitenpater Hans Zollner, der Anti-Missbrauchsgipfel könnte "eine Lawine auslösen, die man nicht mehr stoppen kann".

Die Kirche könne nicht länger wegschauen, meint Vatileaks-Enthüller Emiliano Fittipaldi: "Millionen Gläubige haben sich in den letzten Jahren abgewendet, weil viel zu wenig gegen Kindesmissbrauch unternommen wurde. Wenn der Papst nicht konkret handelt, wird man auch dieses Gipfeltreffen beim nächsten Skandal wieder vergessen haben."

Doch wie soll binnen weniger Tage ein Skandal, der das Leben von Kindern und Jugendlichen auf der ganzen Welt zerstört hat – laut Papst-Sekretär Georg Gänswein das "9/11 der katholischen Kirche" –, aufgearbeitet werden? Der Vatikan will erstmals konkrete Ergebnisse vorlegen, die von Verantwortung, Rechenschaftspflicht und Transparenz handeln. Bisher hat der Vatikan keine konkreten Zahlen von Missbrauchsfällen veröffentlicht.

Problem geleugnet

Die Unterschiede in der Weltkirche sind enorm. In Ländern wie Österreich, Deutschland, Irland und den USA kamen Missbrauchsskandale schon vor Jahren ans Licht. In vielen südlichen Erdteilen wird Missbrauch bis heute nicht als Problem anerkannt. Geistliche von dort erklären, sie hätten kein Problem des Kindesmissbrauchs in ihrer Kirche.

"Das heißt, dass man nicht darüber redet. Denn es existiert in der gesamten Menschheit", betont der deutsche Pater Zollner. Papst Franziskus forderte alle Beteiligten auf, sich vor dem Gipfel mit Opfern zu treffen.

Kardinal Christoph Schönborn, der sich mit der ehemaligen Ordensfrau Doris Wagner, die Opfer von Vergewaltigung und Missbrauch durch einen Priester wurde, zu einem TV-Gespräch traf, fordert mehr Kontrolle über die Macht der Bischöfe und Pfarrer. Er dämpfte aber allzu große Erwartungen an die Konferenz: "Es geht vor allem darum, dass alle einen gemeinsamen Bewusstseinszustand erreichen", so Schönborn.

"Kinderschutz-Konferenz": Glaubwürdigkeitstest für Vatikan

Kardinal Schönborn  spricht von „Reformbedarf“ innerhalb der katholischen Kirche.

Schönborn-Appell

Die Kirche habe in der Missbrauchsdebatte keine andere Chance als Offenheit, so Schönborn. Weiters fordert er eine Stärkung der Frauenrolle: "Hier gibt es echten Reformbedarf, besonders bei der Unausgewogenheit der Autorität in der Kirche zwischen Männern und Frauen." Schönborn ließ weiters mit seinem Vorwurf an einen verstorbenen hochrangigen deutschen Politiker aufhorchen, der seine Schwester sexuell belästigt habe.

Als "Test" für Franziskus betrachtet Vatikankenner Marco Politi die Missbrauchskonferenz: "Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, dass es nicht ausreicht, wenn der Papst eine Linie vorgibt, wie Null-Toleranz bei Missbrauch, wenn diese Linie nicht von allen Bischöfen mitgetragen wird." Vatikanexpertin Franca Giansoldati stimmt zu: "Italien steht bei der Aufklärung von Pädophilie-Fällen in der Kirche noch auf dem Nullpunkt. Es wird ein schwieriger Weg für den Papst."

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