Todeskandidat soll mit Stickstoff hingerichtet werden
von Lukas Bergmann
Szenen wie aus einem Horrorfilm spielten sich am 17. November 2022 im Holman-Gefängnis im Süden von Alabama ab. Der zum Tode verurteilte Mörder Kenneth Smith wurde in die Todeskammer gebracht, um dort seine Giftinjektion zu bekommen. Obwohl Alabamas Höchstgericht noch Minuten vor der Prozedur einen sofortigen Stopp der Maßnahmen verhängt hatte, schnallte das medizinische Personal ihn auf die Trage, um sein Leben zu beenden. Doch dann der Schock: Das zuständige medizinische Personal fand Smiths Venen nicht. Nach vier Stunden und mehreren gescheiterten Versuchen brach man den Vorgang ab und hinterließ einen Todeskandidaten mit extremen Schmerzen. Sie stachen in die Muskeln und Knochen, nur nicht in den Blutkanal, laut seinem Anwalt leidet Smith bis heute noch an den Folgen dieses gescheiterten Tötungsversuchs.
Genau dieser Häftling soll jetzt als Versuchskaninchen für eine neue Hinrichtungsmethode herhalten. Der Bundesstaat Alabama will am Donnerstag (Ortszeit) an Smith die Tötung durch Stickstoff proben. Dabei soll ihm eine Maske um den Mund und Nase geschnallt und 30 Minuten lang Stickstoff eingeflößt werden. Es wäre der erste Versuch dieser Art, es gibt nicht einmal wissenschaftliche Studien über mögliche Nebenwirkungen. Veterinärmediziner lehnen diese Art der Einschläferung bei Tieren ab, hauptsächlich aus ethischen Gründen. Das US-Amerikanische Höchstgericht lehnte den Einspruch von Smiths Anwälten jedoch ohne Angaben von Gründen ab. Smith gab sich am Boden zerstört über die Entscheidung. „Ich bin nicht bereit dafür. Ich habe jede Nacht Alpträume nach dem ersten Versuch. Ich träume, dass sie kommen, um mich zu holen“, schilderte er der britischen Zeitung Guardian. „Sie haben mir keine Chance zur Heilung gegeben. Ich habe mittlerweile eine traumatische Belastungsstörung durch den ständigen psychischen Stress entwickelt.“
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Menschenrechtsorganisationen laufen Sturm gegen dieses Vorhaben. Amnesty International schätzt die Stickstoff-Methode „als besonders grauenhaft“ ein und bezeichnet den Test als „Folter“. Die Behörden in Alabama entgegnen der Kritik, dass der Tod schmerzlos sei, weil er schnell das Bewusstsein verlieren würde. Für dieses „bestmögliche“ Szenario muss jedoch die Maske perfekt sitzen, damit kein Sauerstoff eintritt, weil sich sonst der Vorgang qualvoll in die Länge ziehen würde.
Der Fall von Kenneth Smith zeigt wieder einige Probleme in US-Bundesstaaten auf, die Todesstrafen vollziehen. Sie können weder medizinische Mittel, Gerätschaften noch fachkundiges Personal beschaffen. Während große Pharmaunternehmen die notwendigen Mittel nicht zur Verfügung stellen wollen, verstößt die Beteiligung an einer Tötung gegen den hippokratischen Eid der Mediziner. Deshalb kommt es immer wieder zu verpfuschten Hinrichtungen, Amerikaner nennen diese „botched Executions“. Zum Tode verurteilte Verbrecher sterben bei diesen besonders qualvoll. Im selben Jahr, als Smiths Exekution scheiterte, gab es sieben dieser botched Executions. Am 16. November, einen Tag vor Smiths dramatischen Stunden, wurden in Arizona und in Texas Todesurteile verschlampt. Laut einer Studie der Organisation „Death Penalty Info“ gehen drei Prozent der Exekutionen schief. Trotz alledem hält immer noch knapp 50 Prozent der Bevölkerung zu der Todesstrafe.
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