Greta Thunberg in Berlin: "Das ist erst der Anfang"

Greta Thunberg in Berlin: "Das ist erst der Anfang"
Freitag-Proteste fürs Klima: Die Schwedin inspiriert und polarisiert - Aktivisten hoffen, dass die Bewegung in die Breite geht.

Da ist sie nun: Mit geflochtenen Zöpfen und lila Mantel steht die 1,53 Meter kleine Schwedin auf der großen Bühne vor dem Brandenburger Tor. In den Reihen wird gedrängelt, jeder will einen Blick auf die 16-Jährige haben.

Es ist ihre 32. Streikwoche, die sie nach Berlin führte und der sich an diesem Freitag Tausende Jugendliche wie Erwachsene angeschlossen haben. Von mehr als 20.000 werden die Veranstalter noch sprechen. Senioren, Eltern mit Kinderwägen marschieren vom Invalidenpark beim Hauptbahnhof Richtung Regierungsviertel. Auch Lehrer sind dabei. Paul ist einer von den "Teachers for Future", wie er auf sein Schild geschrieben hat. Er freut sich über den Streik. "Erst der Regelverstoß hat das Thema Klimaschutz auf die Agenda gebracht", sagt er. Würden die Schüler in der Freizeit demonstrieren, kümmere sich wohl kaum jemand darum.

Greta Thunberg in Berlin: "Das ist erst der Anfang"

Die Schulschwänzer-Debatte finden sie mittlerweile mühsam, sagen Johanna und Mattea, die extra von Brandenburg nach Berlin gefahren sind. "Statt darüber zu streiten, ob wir heute hier sein dürfen, sollen Politiker endlich handeln", sagt Mattea. Etwa wie die Industrie weniger Plastik produziert, schlägt ihre Freundin vor, die sich über foliertes Obst ärgert. Und überhaupt: Man sollte mehr Umweltbewusstsein an den Schulen fördern, Müllsammelaktionen wäre schon ein Anfang, findet die 13-Jährige. Greta sei jedenfalls ihr großes Vorbild, erklärt die Schülerin.

Weniger nette Kommentare finden sich hingegen im Netz und diversen Medien. Sie reichen von Spott über ihr Asperger-Syndrom bis hin zu wüsten Drohungen und Vorwürfen, sie sei fremdbestimmt oder bloß ein PR-Phänomen. Auch manchen Politiker brachte die 16-Jährige in Rage. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak attackierte das Mädchen via Twitter ("Oh, man... kein Wort von Arbeitsplätzen, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit. Nur pure Ideologie Arme Greta!) und erntete dafür einen heftigen Shitstorm.

Mit ihrer polarisierenden Rolle kommt die Schülerin durchaus zurecht, wie sie kürzlich in einem Interview mit dem Spiegel erklärte. Sie liest die Beiträge, um die Argumente dieser Menschen kennenzulernen. Dass dabei viel Hass ist, sieht sie als Bestätigung ("Denn das zeigt, dass sie mich als Bedrohung ansehen"), spürt aber auch Bedauern (" Sie kapieren nicht, wie ernst unsere Lage ist").

Gast in Talkshow

Gefragt nach der Einflussnahme ihrer Eltern konterte sie, dass sie es war, die ihren Vater und ihre Mutter dazu brachte, nicht mehr zu fliegen und Fleisch zu essen. Die Idee fürs Klima zu streiken hatte zwar ursprünglich der Umweltaktivist Bo Thorén, aber sie habe den Gedanken weiterentwickelt und umgesetzt. Kein Geheimnis sei, dass sie sich auch mit Umweltberatern trifft und berät, berichtete sie in dem Interview.

Während ihres Deutschland-Besuchs wird sie ebenfalls das Potsdamer-Institut für Klimafolgenforschung besuchen – bevor sie am Samstag in Berlin die Goldene Kamera, ein Sonderpreis für ihr Engagement, erhält und am Sonntag zu Gast bei Talkerin Anne Will ist.

"Ältere Generationen haben versagt"

Die Debatte um das Für und Wider zu ihrem Hype ist den Teilnehmern auf der Demo ziemlich egal. Sie finden es gut, dass Greta die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema lenkt. Student Johann hofft, dass die Proteste künftig noch mehr in die Breite gehen und sich auch viele Studenten anschließen, "um richtig Lärm zu machen". Das Thema habe ja nicht nur mit Schülern zu tun, sagt er mit Blick auf die 12.000 Wissenschaftler, die mit einer Stellungnahme die Bewegung unterstützen. Gleichzeitig hat er etwas Sorge, dass sie irgendwann wieder im Sand verlaufen könnte.

Anders sieht es Greta Thunberg, die mittlerweile das Mikrofon ergriffen hat. "Das ist erst der Anfang", sagt sie in Richtung der Menschen, die lautstark ihren Namen rufen. Ihr Auftritt ist kurz, ihre Ansage deutlich: "Die älteren Generationen haben dabei versagt, sich der größten Katastrophe zuzuwenden, der sich die Menschheit je gegenübersah." Und: „Wir müssen uns Sorgen machen, Umsteuern sei nötig. Die Menschheit müsse ihre Komfortzone verlassen."

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