"Gravierende Mängel" am AKW Mochovce berichtet

THEMENBILD-PAKET: ATOMKRAFT / AKW MOCHOVCE
Pfusch am Bau: Ingenieure berichten, dass die Sicherheitshülle des Reaktors durch Bohrungen beschädigt wurde.

Heuer im Sommer soll Reaktor 3 des Atomkraftwerks Mochovce in Betrieb genommen werden. Block 4 soll ein Jahr später folgen. Mit dem Bau der beiden Meiler wurde bereits im Jahr 1985 begonnen, entsprechend veraltet sind Teile der Anlage. Immer wieder werden Sicherheitsbedenken zu dem nur rund 130 Kilometer von der österreichischen und burgenländischen Grenze entfernten AKW laut. Und hat der slowakischen Regierung auch schon Proteste eingebracht. Etwa von Seiten der österreichischen Regierung. 2008 wurde für Mochovce eine Umweltverträglichkeitsprüfung eingeleitet. 2010 schloss die Slowakei das laufende Verfahren zu den Blöcken 3 und 4 einseitig ab, ohne die von Österreich eingebrachten Sicherheitsfragen vollständig zu beantworten. Es folgte eine Protestnote.

AKW Mochovce: Löcher in den Reaktorkammern

Jüngst wurden wieder "gravierende Mängel“ bekannt. Mehrere ehemalige Arbeiter und Ingenieure, die am Bauprojekt beteiligt waren, haben sich äußerst besorgt mit Foto-Dokumenten an die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 gewandt. Die Zeugenaussagen und Fotos belegen demnach, dass die Sicherheitshülle des Reaktors durch Bohrungen beschädigt wurde und im Falle eines Erdbebens oder von Explosionen im Zuge eines schweren Unfalls versagen könnte.

"Aufgrund dieser uns anvertrauten Informationen müssen wir davon ausgehen, dass die Statik des Reaktorgebäudes geschwächt und die hermetischen Kammern, die im Falle eines schweren Unfalls den Austritt von radioaktiven Stoffen aufhalten sollten, beschädigt sind", sagt Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher von Global 2000.

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Pfusch am Reaktor-Bau

Um Halterungen für Kabel, Rohre und Dampferzeuger zu befestigen, wurden in die Wände des Reaktorgebäudes und der hermetischen Kammern tausende Löcher gebohrt. Diese Betonwände waren aber schon im sowjetischen Rohbau der Jahre 1985 bis 1993 fertig gestellt worden – und innen mit Stahlblechen verkleidet worden. "Wenn man nun in diese Wände bohrt, muss man darauf achten, die Stahl-Bewehrung im Beton nicht zu beschädigen, da sonst die Stabilität des Gebäudes im Falle eines Erdbebens oder einer Explosion geschwächt werden kann. Da die Wände aber schon vor den Bohrungen verkleidet waren und die Stahlbleche auch nicht entfernt wurden, wusste man nicht, wo genau die Bewehrungen verlaufen. Trotzdem wurden tausende Male in diese Wände gebohrt. Ohne Metallsuchgerät, einfach im Blindflug“, gibt Uhrig die alarmierenden Berichte der Whistleblower, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollen, wider.

"Keiner von ihnen weiß, was es bedeutet, ein Atomkraftwerk schlecht zu bauen"

Besorgniserregende Nachrichten bringt ein italienischer Maschinenbau-Ingenieur mit langjähriger Erfahrung im Bau und Betrieb von Atomkraftwerken mit nach Wien – er ist heute, Mittwoch, auf Einladung von Global 2000 in Österreich.

Mario Zadra war in Mochovce für die Installation von Notstrom-Dieselgeneratoren verantwortlich und berichtet von absolut unzureichender Koordination der Bauausführung zwischen den verschiedenen beteiligten Firmen: "Die italienischen Manager bekamen von Rom den Befehl, die Anlage so schnell wie möglich fertigzustellen – unabhängig davon, ob es funktioniert oder nicht“, erzählt der Ingenieur. "Keiner von ihnen weiß, was es bedeutet, ein Atomkraftwerk schlecht zu bauen. Keiner von ihnen weiß, dass ihre Handlungen einen großen atomaren Unfall auslösen können.“

Die Sicherheitsbedenken bei den veralteten AKW-Reaktoren sind so gewaltig, dass eine Klage Österreichs gegen die Inbetriebnahme der Reaktoren Mochovce 3 und 4 nach Meinung des Anti-Atom Experten Reinhard Uhrig tatsächlich erfolgreich sein könnte.

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Köstinger: "Atomenergie keine Technologie der Zukunft"

Umweltministerin Elisabeth Köstinger hat als Reaktion von "sehr besorgniserregenden Berichten" gesprochen. Bereits zuletzt habe die Bundesregierung gedrängt, dass alle Sicherheitsbedenken ausgeräumt werden müssten, sagte sie am Mittwoch vor dem Ministerrat. Andernfalls wäre eine Inbetriebnahme "inakzeptabel".

Gegenüber ihrem slowakischen Amtskollegen habe sie schon vor einigen Wochen ihre Bedenken formuliert, so die Ministerin. Weiterhin gehe man jedem Zeugenbericht und jedem Vorfall nach. "Für uns ist Atomenergie keine Technologie der Zukunft", unterstrich sie; auch als Maßnahme gegen den Klimawandel sei sie der falsche Weg.

Parlamentarische Anfrage

Die SPÖ richtete unterdessen eine Parlamentarische Anfrage an Umweltministerin Elisabeth Köstinger. SPÖ-Abgeordneter Erwin Preiner will von Köstinger wissen, welche sofortigen und konsequenten Schritte sie als Ministerin setzen werde, um die zeitnah geplante Inbetriebnahme der Blöcke 3 und 4 zu verhindern. Weiters fragt er, warum Köstinger nicht bereits während der österreichischen Ratspräsidentschaft entsprechende Schritte gesetzt habe und ob bereits eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung vorliege.

Die Sicherheitsbedenken bei den veralteten AKW-Reaktoren sind so gewaltig, dass eine Klage Österreichs gegen die Inbetriebnahme der Reaktoren Mochovce 3 und 4 nach Meinung des Anti-Atom Experten Reinhard Uhrig tatsächlich erfolgreich sein könnte.

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