Nach spektakulärer Gefangenenbefreiung: Wer ist "die Fliege"?

Nach spektakulärer Gefangenenbefreiung: Wer ist "die Fliege"?
Der 30-jährige Mohamed Amra war erst vor wenigen Tagen verurteilt worden. Bei seiner dramatischen Befreiungsaktion starben zwei Polizisten. Was bisher über ihn bekannt ist.

Vier schwerbewaffnete Gangster rammen einen Gefangenen-Transporter mit einem Auto und überfallen ihn, um einen mutmaßlichen französischen Drogenboss zu befreien. Es kommt zum Schusswechsel mit der Polizei, zwei Beamte sterben, weitere werden verletzt. Die Angreifer fliehen in einem gestohlenen Wagen. 

Was wie brutale Szenen aus einem Actionfilm klingt, ist am Dienstag in der Normandie tatsächlich passiert. Mohamed Amra hätte eigentlich nur von einem Gefängnis in Rouen bei Paris in ein anderes in Évreux gebracht werden sollen, die Fahrt dauert normalerweise eine Stunde. Jetzt ist der 30-Jährige, bekannt unter dem Spitznamen "La Mouche" ("Die Fliege") auf freiem Fuß. Wer ist der Mann?

Der von Medien als "hoch fliegender Bandit" beschriebene Amra ist ein bekannter Drogenhändler aus Nordfrankreich, heißt es aus Polizeikreisen. Er soll Verbindungen zur mächtigen Gang "Blacks" im von Bandengewalt geplagten Marseille haben. 

Laut Staatsanwaltschaft wurde er am 10. Mai wegen Einbruchs zu 18 Monaten Haft verurteilt, in Marseille war er zudem wegen einer Entführung mit Todesfolge angeklagt. Während des Gerichtsverfahrens gegen ihn war er in verschiedenen Gefängnissen in Marseille, Paris und Rouen untergebracht.

Dem französischen Fernsehsender BFMTV zufolge hatte Amra 13 Vorstrafen wegen größtenteils geringfügiger Vergehen: Fahren ohne Führerschein, Diebstahl, Nichtanhalten für die Polizei. Die Verwicklung in den Tod eines Mannes aus Dreux in der Nähe von Rouen lässt aber auf Verbindungen zu schweren Verbrechen schließen. Der Verstorbene war im Zusammenhang mit Drogenhandel entführt worden. Der Entflohene wird zudem verdächtigt, im Jahr 2023 die Ermordung eines Franzosen in Spanien angeordnet zu haben.

Nach spektakulärer Gefangenenbefreiung: Wer ist "die Fliege"?

Der 30-jährige Mohamed Amra

Er galt offenbar nicht als "radikalisierter" Gefangener. Eine Quelle aus dem Gefängnis, in dem Amra bis vor kurzem einsaß, erzählte der Zeitung Le Parisien, dass dieser bereits zwei Tage vor dem Überfall die Gitterstäbe seiner Zelle abzusägen versuchte - woraufhin er in Einzelhaft kam und seine Bewachungsstufe auf Stufe 3 erhöht wurde. Deshalb wurde sein Transport auch von fünf Polizeibeamten begleitet. 

Das sagen Amras Anwalt und die Mutter

Hugues Vigier, Amras Anwalt, zeigte sich von dem Überfall schockiert. Er sei "fassungslos" über die "unentschuldbare" Gewalt, sagte er in einem Interview: "Das entspricht nicht dem Eindruck, den ich von ihm hatte." Sollte Amra in die Sache verwickelt gewesen sein, habe er diesen falsch eingeschätzt. Sein Assistent habe sich noch am Dienstagmorgen mit Amra getroffen, so Vigier. 

Die Mutter erklärte, sie habe nichts von dem geplanten Anschlag gewusst, ihr Sohn rede nicht mit ihr. Nach der Befreiungsaktion sei sie zusammengebrochen: "Ich habe geweint - es ging mir so schlecht. Wie kann man Leben auf diese Weise wegnehmen?"

"Das sind Menschen, denen das Leben nichts wert ist"

Mehrere hundert Polizeibeamte sind landesweit im Einsatz, um Amra und die Angreifer zu finden. Es ist unklar, wie viele Menschen an dem Überfall beteiligt waren.

Frankreichs Justizminister Dupond-Moretti kündigte an, "alles" zu tun, um "die Täter dieses abscheulichen Verbrechens" zu finden. "Das sind Menschen, denen das Leben nichts wert ist. Sie werden festgenommen, sie werden verurteilt und sie werden für das Verbrechen, das sie begangen haben, bestraft", sagte der Minister. Der französische Innenminister Gérald Darmanin erklärte, er habe "mehrere hundert Polizisten und Gendarmen" mobilisiert. Die Behörden setzten bei der Fahndung nach den Verdächtigen "alle Mittel" ein, "um diese Kriminellen zu finden".

Als Reaktion auf den Anschlag vom Dienstag haben die Gewerkschaften der Gefängnisbediensteten für den heutigen Mittwoch einen Tag mit Blockaden in Gefängnissen in ganz Frankreich angekündigt. Medien berichteten bereits über Demonstrationen in Paris, Rouen, Nizza, Grasse, Draguignan und Amiens.

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