Stärkstes Beben seit 40 Jahren: Tausende verbringen Nacht auf der Straße
Und wieder wurden die Bewohner der Campi Flegrei, dem Vulkangebiet bei Neapel, aus dem Feierabend gerissen. Die Erde bebte einmal mehr - diesmal aber besonders heftig: Mit einer Stärke von 4.4 auf der Richter Skala handelte es sich um das stärkste Erdbeben seit 40 Jahren in dieser Gegend, wie die Experten des Instituts für Geologie und Vulkanologie (INGV) mitteilten.
Den heftigsten Schub gab es um 20.10 Uhr, doch begonnen hatte das Erdbeben schon um 19.51 Uhr, und zwar mit einer Stärke von 3.5, die sich Schub für Schub steigerte. Wie immer war das am stärksten betroffene Gebiet jenes um die Küstengemeinde Pozzuoli und die keine vier Kilometer entfernt liegende Solfatara, aus der die heißen Dämpfe des Vulkans schießen.
"Supervulkan" als Gefahr für eine halbe Million Menschen
Denkt man an Neapel, so denkt man an den Vesuv. Doch es gibt auch die Phlegräischen Felder, die wegen ihres Ausmaßes von 150 Quadratkilometer und ihrer lebhaften magmatischen Aktivität einen von den Experten genannten Supervulkan bilden. Dass er das letzte Mal 1538 ausgebrochen ist, macht ihn nicht weniger gefährlich. Trotzdem leben auf diesem Gebiet fast eine halbe Million Menschen.
Man hat sich dort an das Tanzen mit dem Vulkan gewöhnt. Und wenn es nicht zu heftig wird, nimmt man die Gefahr auch mit einem Hauch Fatalismus zur Kenntnis, so in der Art: "Ist Leben nicht überall gefährlich?" Sobald sich aber das als normal empfundene Zittern - im Fachjargon spricht man von bradyseismischen Bewegungen - zu einem Erdbeben steigert, packt die Bewohner verständlicherweise doch die Angst.
Und das war am Montagabend der Fall, auch weil die starken Beben nicht enden wollten. Die Wissenschaftler von INGV bestätigten: Die Seismographen registrierten Montagabend im Laufe von vier Stunden 150 Beben. Im Laufe des letzten Monats waren es insgesamt 450 und noch dazu weitaus schwächere.
Bewohner stürzten sich auf die Straße
Nicht nur die Bewohner von Pozzuoli auch die von Bacoli und bis hin zu Bagnoli, einem Vorort von Neapel, stürzten sich auf die Straße. Wie die lokalen Medien berichteten, ließ der Bürgermeister von Pozzuoli vier große Zelte aufstellen, wo die Leute auch psychologischen Beistand erhalten konnten. Der Großteil zog es aber vor, im Auto zu übernachten. Bilder zeigen Tausende Menschen auf der Straße. Einziger Trost war, dass die Nächte jetzt schon lau sind.
Was die Schäden an der Bausubstanz betrifft, sind jetzt Kontrollen erforderlich. Es heißt, dass viele Häuser Risse in den Wänden aufweisen würden, denn diesmal hätten die Gebäude besonders stark und lange gewackelt. Ob weitere Erdbeben in Kürze zu erwarten sind, könne man nicht sagen, Erdbeben seien nicht voraussehbar, ließen die Wissenschaftler vom Institut INGV wissen. Derweil blieben die Schulen geschlossen. Auch die öffentlichen Bahnstrecken zwischen Neapel und Campi Flegrei, die Cumana und die Circumflegrea, wurden einstweilen eingestellt.
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