Engel-Ball statt Grusel-Party
„Der Teufel pflegt nicht zu scherzen. Sorgen wir uns um die katholische Erziehung unserer Kinder“, heißt es in einem Appell des Heiligen Josef Sanktuariums in Kalisz, einer der bedeutendsten Kirchen Polens. Dort wird Halloween als „dunkler okkulter Feiertag“ bezeichnet.
Die katholische Kirche reibt sich derzeit an dem aus den USA importierten Geisterkommerz, der Donnerstagabend auch in Polen gefeiert wird – wie schon seit einigen Jahren. Dies stört den Klerus vor allem deswegen, da Allerheiligen am 1. November als einer der wichtigsten Feiertage des Landes gilt. Die Friedhöfe sind bereits am 31. Oktober abends voller Menschen, die ihrer Angehörigen gedenken. Dazu flackern unzählige Kerzen auf den Gräbern. Viele Polen kommen aus dem Ausland angereist, andere legen an dem verlängerten Wochenende mehrere hundert Kilometer zurück, um alle Verwandten auf den Friedhöfen des Landes zu beehren.
Da das Verbieten von allem, was zu Halloween gehört, nichts bringt, hat sich die Kirche als Traditionswächterin Alternativen zu dem „Grinsekürbis“ ausgedacht: „Holy Wins“ (Heilig gewinnt) – ein Umzug mit Verkleidung als Heiliger. Auch einen Ball, bei dem sich Kinder als Nonnen und Engel verkleiden, will die Kirche zulassen. Der Sprecher des Episkopats, Priester Pawel Rytel-Andrianik, wirbt seit Tagen unermüdlich dafür.
Traumata bei Kindern?
Ganz aufseiten der Kirche ist die nationalkonservative Regierung in Warschau, die bereits Reformen umgesetzt hat, die die Kinder zu mehr Tradition und Verbundenheit mit der Kirche erziehen sollen. Auch in den staatlichen Medien wird der ursprünglich heidnisch-keltische Brauch kritisiert. Im „Polskie Radio“ warnte etwa eine Kinderpsychologin, dass Halloween-Bräuche bei empfindsamen Kindern Traumata auslösen könnten.
Schauplätze des Matches „Holy Wins“ – „Halloween“ sind auch die Schulen, wo sich liberale mit konservativen Eltern streiten. Dort gibt es derzeit unterschiedliche Lösungen: Nur Verkleidungen als Geistliche erlaubt, Kürbisfeste ja, aber mit Geisterverbot, Geister als Kostüm zugelassen.
Nach Umfragen wollen rund 44 Prozent der Polen das Geisterfest aus der Öffentlichkeit verbannen, rund 45 Prozent halten es für einen netten Spaß. In dem Land, in dem mehr als 90 Prozent der katholischen Kirche angehören, feiern mittlerweile 19 Prozent der Bewohner das Horror-Kürbisfest.
Von einem wirklichen Horror kann um den ersten November jedoch die polnische Polizei jedes Jahr erzählen. Durch die vielen Fahrten zwischen den Gräbern und den Brauch des Zuprostens auf die Verstorbenen kam es im vergangenen Jahr zu 50 Verkehrstoten und zu 502 Verletzten. Mittels der „Aktion Kerze“, die vom 31. Oktober bis zum 3. November andauert, sind die Uniformierten wieder auf Polens Straßen präsent und haben „Null Toleranz“ gegen alle Verkehrssünder angekündigt.
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