Dutzende Tote bei Massenpanik auf Lag-Baomer-Fest in Israel

Sanitäter im Einsatz
Es gibt mehr als 40 Tote und mehr als 100 Verletzten. Strenggläubige wollten den Unglücksort nicht verlassen.

Dutzende Tote und Vorwürfe nach Massenpanik bei jüdischem Fest

Bei einer Massenpanik auf einem jüdischen Fest im Norden Israels wurden in der Nacht auf Freitag 44 Menschen getötet. 150 Verletzte wurden in Krankenhäuser gebracht, teilte das Gesundheitsministerium mit. In dem Wallfahrtsort Meron ereignete sich eine "schreckliche Katastrophe", sagte Gesundheitsminister Juli Edelstein. Die Polizei hat Ermittlungen über die Ursache aufgenommen.

"Es war eine schlimme, tragische Nacht", sagte der zuständige Polizeichef Schimon Lavi am Freitag vor Journalisten. "Ich trage die übergreifende Verantwortung, im Guten wie im Schlechten." Er sei "zu jeder Prüfung bereit".

Menschen kamen auf Rampe ins Rutschen

Nach ersten Erkenntnissen kamen Menschen auf einer abschüssigen Rampe mit Metallboden und Wellblech-Trennwänden auf beiden Seiten ins Rutschen. Die dicht gedrängten Feiernden fielen dann übereinander.

Augenzeugen warfen der Polizei vor, sie habe Leute in das abgesperrte Areal gelassen, obwohl es schon extrem voll gewesen sei. Nach Beginn der Panik habe die Polizei dann nicht schnell genug Ausgänge auf der anderen Seite geöffnet. Insgesamt waren rund 5.000 Sicherheitskräfte im Einsatz.

Dutzende Tote bei Massenpanik auf Lag-Baomer-Fest in Israel

Szenen vom Unglücksort

Polizeichef Lavi sagte, die Sicherheitskräfte hätten sich sehr gründlich auf die Feier vorbereitet. "Die Sicherheit stand an erster Stelle." Er warnte vor der Verbreitung von Fehlinformationen in sozialen Medien. Viele der Polizisten hätten Leben gerettet und sich dabei selbst in große Gefahr begeben, betonte er.

Einige Zehntausend - vor allem Strengreligiöse - hatten auf dem Meron-Berg den jüdischen Feiertag Lag Baomer begangen. Die Behörden hatten die Teilnehmerzahl auf 10.000 begrenzt, nach Medienberichten waren aber bis zu zehnmal mehr Menschen angereist. In sozialen Netzwerken war vor dem Unglück in Videos zu sehen, wie die Menschen dicht gedrängt und ausgelassen sangen, tanzten und hüpften.

"Eines der schlimmsten Unglücke Israels"

Ein Sprecher des Rettungsdienstes Zaka berichtete im Fernsehen von Chaos, viele Kinder seien von ihren Eltern getrennt worden. Man bemühe sich, sie wieder zusammenzuführen. "Wir haben es gerade mit einem der schlimmsten Unglücke Israels zu tun gehabt", sagte Dov Meisel von der Organisation United Hatzalah. Die Helfer seien grauenhaften Anblicken ausgesetzt gewesen, die es seit den blutigsten Tagen der Terrorwellen zu Beginn der 2000er-Jahre nicht mehr gegeben habe.

Dutzende Tote bei Massenpanik auf Lag-Baomer-Fest in Israel

Die Verletzten wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht, einige auch per Rettungshubschrauber. Die Polizei sperrte Zufahrtsstraßen und räumte das Gelände. Berichten zufolge weigerten sich jedoch Hunderte Gläubige zu gehen, weil sie beten wollten. Es sei auch zu Konfrontationen gekommen. Selbst Soldaten waren im Einsatz, darunter eine Eliteeinheit der Armee. Der Polizei zufolge gab es Probleme mit dem Handyempfang, viele verzweifelte Menschen konnten Angehörige in Meron telefonisch nicht erreichen.

Israels Präsident Reuven Rivlin schrieb auf Twitter, er verfolge die Berichte über die Tragödie und bete für die Genesung der Verletzten. Regierungschef Benjamin Netanjahu zeigte sich bestürzt über das "schwere Unglück" und sicherte den Rettungskräften Unterstützung zu.

Lag Baomer

Lag Baomer ist ein Fest, bei dem unter anderem an den jüdischen Aufstand gegen die römischen Besatzer unter Rebellenführer Bar Kochba erinnert wird. Er war im Jahre 132 ausgebrochen und rund drei Jahre später niedergeschlagen worden. Der Überlieferung nach endete an dem Tag von Lag Baomer eine Epidemie, an der damals zahlreiche jüdische Religionsschüler gestorben waren.

Rabbi Schimon Bar Jochai, der auch an dem Aufstand gegen die Römer beteiligt war, liegt auf dem Meron-Berg begraben. Sein Grab ist ein Wallfahrtsort, den an dem Feiertag jedes Jahr Tausende besuchen. Traditionell werden dann auch Lagerfeuer angezündet. Im vergangenen Jahr waren die Feiern wegen der Corona-Pandemie stark eingeschränkt worden, doch inzwischen sind die Infektionszahlen deutlich gesunken und die Regeln wieder gelockert worden.

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