Deutschlands Buhmann: Wer ist der Fleisch-Gigant Tönnies?

In seltener Einigkeit: Max, Clemens und Robert Tönnies (v.l.). Clemens soll endlich in Pension gehen
Für den Corona-Ausbruch hat er sich nie entschuldigt, Widerspruch duldet er nicht: Clemens Tönnies baute mit seinem Bruder in Rheda-Wiedenbrück eine der größten Fleischfabriken Europas.

Mit dem Schalke-Aufsichtsratspräsidenten und Fleischmagnaten Clemens Tönnies möchte man nicht unbedingt näher anstreifen.

Denn der 64-jährige Tönnies ist einer, der glaubt, dass er immer recht hat. Widerspruch duldet er nicht. Und selbst nach dem Corona-Ausbruch in der größten Fleischfabrik Deutschlands kommt ihm keine Entschuldigung über die Lippen.

Im Stammwerk Rheda-Wiedenbrück wurden 1.553 Mitarbeiter auf Covid-19 positiv getestet. Die Zustände in der Fleischfabrik entsprachen nicht den Vorschriften, in der Kantine und am Fließband saßen und standen die vorwiegend nur mit Werkverträgen ausgestatteten ausländischen Arbeitskräfte ohne Abstandsregeln. In ihren weit verstreut liegenden Unterkünften sind die Wohnverhältnisse prekär.

Tönnies spricht jetzt von einer „existenziellen Krise des Unternehmens“.

Familienstreit

Für seinen Neffen Robert Tönnies (41) gibt es nur einen Schuldigen: Clemens, den kleinen Bruder seines früh verstorbenen Vaters Bernd (1952 – 1994), der die Firma im Jahr 1971 als „Großhandel für Fleisch und Wurst“ gegründet hat. Da war Clemens 15 Jahre alt. Deshalb gehören auch Robert 50 Prozent der Tönnies-Holding mit Betrieben in Deutschland und Produktionsstandorten in Dänemark, Polen, Großbritannien und Frankreich.

Robert Tönnies forderte seinen Onkel in einem Schreiben vom 17. Juni an den Gesellschafterausschuss zum sofortigen Rücktritt auf. Als Nachfolger schlägt er Clemens’ Sohn Max vor. Die Streitigkeiten über Führungsanspruch und Gesellschafteranteile zwischen Onkel und Neffen beschäftigen mehrere Gerichte. Doch die Jungen, Robert und Max, sehen jetzt wohl ihre Chance gekommen, den Alten in Pension zu schicken. Robert will am liebsten verkaufen.

Deutschlands Buhmann: Wer ist der Fleisch-Gigant Tönnies?

Das Firmengelände des größten Schlachtbetriebs in Deutschland: Das Tönnies-Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück: Von 7000 Mitarbeitern wurden 1553 positiv getestet

Null Vertrauen

„Wir sind gestern Abend um 21 Uhr bei der Firma Tönnies gewesen und waren heute Nacht um 1:30 Uhr fertig. Dann haben wir die kompletten Adresslisten gehabt“, sagte der Leiter des Krisenstabs Thomas Kuhlbusch am Samstag voller Wut. Das Vertrauen in die Firma „ist gleich Null“.

Für den gelernten Fleischtechniker Clemens Tönnies läuft es auch bei Schalke nicht rund. Der Verein hat einen Schuldenberg von 197 Millionen Euro angehäuft, als Sparmaßnahme wurde vergangene Woche der Fahrdienst der Nachwuchsabteilung an einen externen Anbieter ausgegliedert: 24 Angestellte, darunter Rentner und Schwerbehinderte, wurden vor die Tür gesetzt.

Familienbetrieb: Gleichberechtigte Eigentümer sind Clemens Tönnies und sein Neffe Robert. 

20,4 Millionen Schweine werden pro Jahr geschlachtet, davon 16,2 Millionen in Deutschland. Der Jahresumsatz betrug 2016 rund 6,35 Milliarden Euro. Tönnies beliefert zahlreiche Handelsketten, auch mit Eigenmarken.

Aber Sparen bei Mitarbeitern gehört offenbar zur DNA des Clemens Tönnies. Denn obwohl in Rheda-Wiedenbrück täglich 20.000 Schweine geschlachtet werden, wurden die etwa 7.000 Mitarbeiter teilweise auch als Subunternehmer ausgebeutet.

Dafür war eine Strafe wegen illegaler Preisabsprachen von 128 Millionen Euro nicht einbringbar, weil diese Tönnies-Tochtergesellschaften rechtzeitig liquidiert wurden.

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