Pool-Streit: Deutschland und Frankreich im Zwist um Burkini

„Das Schwimmbad ändert sich mit der Gesellschaft“, so ein Forscher
Frankreich erlaubt das Tragen des Burkini nicht, Deutschland schon – das sorgt im Grenzgebiet für Konflikte.

Badewetter schafft Probleme – von Macho-Gehabe bis zu Handgreiflichkeiten. Die französische Stadt Straßburg schickt jetzt Vermittler in die grenznahen deutschen Freibäder, weil viele Jugendliche aus Frankreich dort Radau schlagen und deutsche Bademeister des französischen nicht mächtig sind. Weil der Burkini in Frankreich verboten ist, kommen auch muslimische Frauen lieber in deutsche Schwimmbäder, was immer wieder zu kulturellen Missverständnissen führt.

In Deutschland musste heuer immer öfter die Polizei anrücken, in Berlin gibt es in vielen Bädern längst Securitys mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund, die ihren Landsmännern Manieren beibringen sollen.

Veränderte Gesellschaft

„Das Schwimmbad ändert sich mit der Gesellschaft“, sagt dazu der Berliner Metropolenforscher Wolfgang Kabuscha. Die Berliner FDP-Forderung nach einer Schwimmbadpolizei findet er „unsinnig“. Kabuscha glaubt auch nicht, dass vor allem junge Migranten für Probleme sorgten. „Es betrifft alle“, sagt er. „Der Streit geht heute darum, was legitim ist: welche Musik und wie laut, Nacktheit oder Burkini, nass gespritzt werden oder nicht.“ Das sei aber ein Zeichen für eine lebendige Gesellschaft.

Deshalb sind in mehreren Bädern bereits „Konfliktlotsen“ des Projekts „Cool am Pool“ unterwegs. Weil die Bademeister oft zu wenig Zeit haben, um Konflikte bereits im Vorfeld zu deeskalieren, wird die Arbeit der Konfliktlotsen geschätzt. Etwa dann, wenn auf einer Liegewiese über die Köpfe der Sonnenden hinweg Fußball gespielt wird.

Laut einer deutschen Umfrage erlebte schon jeder Vierte Gewalt oder Pöbeleien im Freibad. Generell sei ein Teil der Besucher in den vergangenen Jahren aggressiver geworden. Das beschränke sich aber nicht auf Freibäder. Das sei ein gesellschaftliches Problem.

Metropolenforscher Kabuscha sagt, dass angesichts der individualisierten Lebensstile mehr Reibungsflächen entstanden seien. Die Menschen seien selbstbewusster und rücksichtsloser.

Im süddeutschen Freibad Kehl an französischen Grenze werden die Zäune noch mit Stacheldraht verstärkt. Mehr Polizeipräsenz wurde angekündigt.

Pool-Streit: Deutschland und Frankreich im Zwist um Burkini

Taschenkontrollen in einem Bad in Grenoble

In Österreich scheint die Burkini-Debatte, wie es sie 2017 gab, derzeit kein Thema zu sein. Damals gab es große Aufregung  – etwa um das Neuwaldegger Bad , wo jede Ganzkörperkleidung verboten ist. Einen Shitstorm erntete damals  auch das Badeschiff nach einer Gratisaktion für Burkiniträgerinnen.

Die öffentlichen Schwimmbäder in Wien erlauben „echte Burkinis“, die wegen der Hygiene  aus synthetischem Stoff sein müssen.
So handhaben das auch die Bäder in Zell am See, dem Hotspot für arabische Touristen. Dort gab es anfangs eine Broschüre auf Arabisch mit Benimmregeln. Diese wurde nach „allgemeiner Aufregung“ eingestellt, sagt Geschäftsführer Oliver Stärz. Er möchte sie wieder einführen.

Benimmregeln

Viele Touristen würden über Deutschland einreisen und deshalb die Flyer am Flughafen nicht bekommen. Probleme gebe es  nicht mit Gewalt, sondern mit Kindern, die einfach abgegeben werden oder nicht schwimmen können, berichtet Stärz. Bedarf für  Sicherheitspersonal sehe er derzeit nicht.

In Wien sind in den Bädern 40 Securitys beschäftigt. Nach dem Höchststand an sexuellen Übergriffen im Jahr 2017 gab es 2018 einen Rückgang, heuer stagnieren die Zahlen, bestätigt ein Sprecher der Wiener Bäder. 

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