"Brutal": Aufregung um Video von Erziehern, die autistischen Burschen (12) fesseln

"Brutal": Aufregung um Video von Erziehern, die autistischen Burschen (12) fesseln
Ein Überwachungsvideo aus einer Schule für Kinder mit besonderen Bedürfnissen rollt eine alte Debatte um Missbrauch in Großbritannien auf.

Die Aufnahme ist verstörend: Fünf Erwachsene drücken in einer Weichzelle einen jungen Burschen zu Boden. Dieser leistet Wiederstand - vergeblich. 

Das Überwachungsvideo stammt aus einer Sonderschule im englischen Leeds und wurde dem Sender BBC zugespielt. Von der Mutter des 12-Jährigen, der darauf zu sehen ist, wie er von den fünf Erziehern festgehalten wird. Der Bursche ist autistisch.  

"Brutal" und "ungesetzlich"

Die Aufnahme sei "brutal" und "ungesetzlich", befand ein Experte für Zwangsmaßnahmen gegenüber der BBC. Die Mutter des scheinbar misshandelten Schülers sagte, sie sei "entsetzt" gewesen, als sie es sah.

Die Leitung der Schule erklärte hingegen, mehrere Untersuchungen hätten kein Fehlverhalten des Personals ergeben. Zudem wurden die Expertenmeinungen von ihr als "Meinungsverschiedenheit" dargestellt.

12-Jähriger 3 Minuten lang in Bauchlage festgehalten

Das 50 Minuten lange Video zeigt, wie der 12-jährige Schüler wiederholt vom Personal festgehalten wird, während er versucht, sie zu treten. Gegen Ende der Aufnahme schlägt das Kind mit dem Arm nach dem Personal und wird dann auf den Boden manövriert. Anschließend wird er drei Minuten lang in Bauchlage festgehalten.

Eric Baskind, ein Experte für Gewaltanwendung in solchen Einrichtungen, der die Aufnahmen für die BBC begutachtet hat, sagte, die Fixierung sei "zu brutal, unnötig und meiner Meinung nach rechtswidrig." Die angewendete Gewalt sei unangemessen gewesen, da die Mitarbeiter den Burschen bereits unter Kontrolle hatten und ihn stattdessen in eine sitzende Position auf der Bank hätten bringen können. "Sie haben ihn einfach (in die Bauchlage) gezerrt. Das könnte für ihn wirklich traumatisch gewesen sein und hätte die Situation eskalieren lassen können, was genau das Gegenteil von dem ist, was sie eigentlich hätten tun sollen."

"Brutal": Aufregung um Video von Erziehern, die autistischen Burschen (12) fesseln

"Da würde man kein Tier reinstecken"

"Das ist ein Kind und das sind fünf Erwachsene in einer Schule, in der es sicher sein sollte", sagte die Mutter des Burschen gegenüber BBC. "Ein Beruhigungsraum sollte ein Raum sein, in dem sich Kinder mit Decken, Teddys und sanfter Beleuchtung beruhigen können. Nicht eine Gummizelle. Da würde man kein Tier reinstecken."

Der Leiter der Schule, Mark Wilson, erklärte daraufhin gegenüber dem Sender, man habe drei Untersuchungen zu den Aufnahmen durchgeführt und keine Anschuldigungen gegen das Personal gefunden. Er sagte auch, dass eine Untersuchung durch den Beauftragten der Stadtverwaltung von Leeds, der für den Umgang mit Anschuldigungen gegen Erwachsene, die mit Kindern arbeiten, zuständig ist, ergeben hat, dass es keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten gibt.

Misshandlung in Londoner Schule aufgedeckt

Dabei hat eben die BBC im vergangenen Jahr eine Recherche zum Thema Isolation begonnen. Im Fokus standen Einrichtungen in Sonderschulen, die auch als Beruhigungs-, Ruhe- oder Schutzräume bezeichnet werden. Durch die Recherche wurde aufgedeckt, wie nonverbale Schüler der im Norden Londons gelegenen Whitefield School misshandelt und vernachlässigt wurden.

Ein Sprecher des britischen Premierministers Keir Starmer bezeichnete diese Versäumnisse damals als "entsetzlich" und sagte, sie dürften "nie wieder vorkommen". Nun aber erfuhr die BBC über die Nutzung solcher Räume auch an anderen Orten - nachdem ihr eben die Aufnahmen vom Oktober 2023 am Standort der Springwell Leeds Academy North, einer Schule für Schüler mit besonderen sozialen, emotionalen und psychischen Bedürfnissen, von einer besorgten Mutter zur Verfügung gestellt worden waren. Sie hatte zuvor bei der Schule einen speziellen Antrag auf den Zugang zum Überwachungsvideo gestellt.  

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