Hunderttausende streiken für den Klimaschutz

Hunderttausende streiken für den Klimaschutz
"Week for Future" bringt weltweite Proteste. Auch in Österreich wird heute in 700 Orten demonstriert.

Hunderttausende Kinder und Erwachsene in Asien und in der Pazifikregion sind am Freitag dem Aufruf zu einem weltweiten Klimastreik gefolgt. In Australien, Thailand und Indien, in Südkorea und auf den Philippinen gingen Schüler, Studenten und Unterstützer auf die Straße. Sie forderten die Erwachsenen auf, sofort Klima-Maßnahmen zu ergreifen. Weltweit sind am Freitag mehr als 5.000 Protestaktionen geplant, auch in Österreich sind in über 700 Orten Aktionen geplant.

"Wir sind die Zukunft und wir verdienen Besseres", sagte die zwölf Jahre alte Lilly Satidtanasarn in Bangkok. Sie gilt wegen ihrer Kampagne gegen Plastiksackerln in Einkaufspassagen als "Thailands Greta". Die Erwachsenen "reden nur darüber, aber sie tun nichts", kritisierte sie. "Wir wollen keine Entschuldigungen." In Neu Delhi und Mumbai beteiligten sich indische Schulkinder an dem Streikaufruf.

 

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Klimademo in Bangkok

Auf den Philippinen, die nach Angaben von Experten besonders vom steigenden Meeresspiegel und von immer stärker werden Stürmen bedroht sind, demonstrierten tausende Menschen. "Es gibt viele Menschen hier, die die Auswirkungen des Klimawandels schon spüren können, zum Beispiel mit Taifunen", sagte Yanna Palo, 23 Jahre alt, bei einer Demonstration in der Hauptstadt Manila.

"Wir sinken nicht, wir kämpfen"

Begonnen hatte der weltweite Klimastreik an der Datumsgrenze im Pazifik und in Australien. Auf den vom Steigen des Meeresspiegels bedrohten Inseln Vanuatu, den Salomonen und Kiribati starteten bei Sonnenaufgang Protestaktionen, Kinder sangen: "Wir sinken nicht, wir kämpfen."

In Australien traten mehr als 300.000 Menschen in den Klimastreik, das Stichwort "climatestrike" war der häufigste Hashtag im Internet. In zahlreichen Städten gab es Demonstrationen. "Wir sind hier, um eine Botschaft an die Politiker zu senden und ihnen zu zeigen, dass es uns wirklich wichtig ist", sagte der 16-jährige Will Connor in Sydney. "Sonst werden wir keine Zukunft haben."

In Sydney gingen Zehntausende auf die Straße, in Melbourne wurde die Zahl der Teilnehmer auf über 100.000 Menschen geschätzt - die Veranstalter sprachen sogar von 150.000.

Thunberg bei Protest in New York

Rund um den Globus wollen sich Menschen am Freitag für verstärkte Anstrengungen zum Klimaschutz einsetzen. Eine der größten Kundgebungen findet in New York statt, wo am Montag zahlreiche Staats- und Regierungschefs zu einem Klimagipfel der UNO erwartet werden. An der Kundgebung in New York wird auch die schwedische Schülerin Greta Thunberg teilnehmen, die prominenteste Figur der neuen Klima-Bewegung.

Die von Thunberg angestoßene Protestbewegung wird von Schülern und Studenten getragen. Sie fordern von der Politik mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderhitzung und die drohende Klimakatastrophe. Vor allem müsse gemäß dem Pariser Klimaabkommen die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit eingedämmt werden.

Proteste auch in Österreich

Auch in Österreich wollen sich am Freitag zahlreiche Gemeinden am Auftakt der internationalen Klimaschutzwoche "Week for Future" beteiligen. Als verbindende Aktion sollen alle teilnehmenden Gemeinden unter ihr Ortsschild den Zusatz "Für die Zukunft" anbringen und fotografieren.

Freitagfrüh waren Proteste in über 700 Gemeinden angekündigt, Treffpunkte und Beginnzeiten finden Sie hier. "Es ist die größte dezentrale Klimaaktion, die es jemals gegeben hat", sagte Mitorganisator Johannes Stangl der APA. Am Abend ist eine Kundgebung am Wiener Heldenplatz geplant.

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Klimademo in Berlin

Die Teilnehmerzahlen bei den Aktionen abzuschätzen, ist schwierig, da die einzelnen Gemeinden oder Bezirke ihre Aktionen dezentral und autonom veranstalten. Als verbindendes Element sollen aber alle beteiligten Gemeinden unter ihr Ortsschild den Zusatz "Für die Zukunft" anbringen, fotografieren und auf der Homepage von "FridaysForFuture" hochladen. "Das erste Bild kam schon kurz vor 7.00 Uhr von Furth bei Krems an der Donau", sagte Stangl.

Kreativer Protest

Die angemeldeten Aktionen sind vielseitig: In Wien stehen neben Demos am Heldenplatz, beim Haus des Meeres und am Schuhmaierplatz auch Müllsammelaktionen auf der Rossauer Lände und in Hütteldorf sowie ein Picknick vor der Karlskirche und ein Flashmob am Handelskai an. Auch in den Bundesländern waren Veranstaltungen angekündgt: In Niederösterreich gibt es unter anderem in Krems und Bruck an der Leitha Demos, in Henndorf am Wallersee haben sich Musikmittelschule und Volksschule Henndorf zum Protest zusammengeschlossen und Orte der Gemeinde Fucking in Oberösterreich haben für ihre Aktionen eine eigene Homepage https://dasfuckingklima.at/ kreiert. Auch in Villach in Kärnten wird protestiert.

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Klimademo in Nairobi (Kenia)

Stangl betonte, dass alle Aktionen angemeldet sind. "Unser Protest ist wie immer vollkommen friedlich und bunt", unterstrich der Mitorganisator. Es dürfte auch zu keinen Problemen im Verkehr kommen. Laut Polizei waren jedenfalls keine Straßensperren geplant, bei Bedarf könne es aber kurzfristig zu Sperren kommen.

Die "Week for Future" findet in mehr als 100 Ländern statt. Die Bewegung will damit auch den Druck auf die Teilnehmer des UNO-Klimagipfels in New York verstärken, ihre Ambitionen zu erhöhen. Höhepunkt sind internationale Großdemos zum "Earth Strike" am 27. September für mehr Klimaschutz. Auch in ganz Österreich werden dabei vor allem junge Leute auf die Straße gehen, es unterstützen aber auch mehr als 50 Organisationen die Proteste.

Schüler dürfen teilnehmen

Schüler dürfen im Rahmen von Schul- oder schulbezogenen Veranstaltungen am 27. September an den Klima-Demos der Umweltbewegung "FridaysForFuture" teilnehmen. Das hat Bildungsministerin Iris Rauskala in einem Erlass bzw. bei einer Pressekonferenz am Freitag klargestellt. Die Entscheidung über eine Teilnahme trifft die jeweilige Schule - beteiligt sie sich, haben die Lehrer eine Aufsichtspflicht.

Mit dem neuen Erlass wolle man an den Schulen Rechtssicherheit herstellen. "Ich bin oft gefragt worden, warum ich nicht einfach freigebe", betonte Rauskala. Diese Möglichkeit räumten die Schulgesetze einer Ministerin für Demonstrationen aber nicht ein. "Ich darf aber sehr wohl darüber nachdenken, wie ich eine entsprechende Lösung schaffen kann."

Beim ersten großen Klimastreik am 15. März gingen in Österreich mehr als 20.000 Schüler und Studenten auf die Straße. An einem Streik mit der "FridaysForFuture"-Bewegung und Thunberg am 31. Mai beteiligten sich in Wien 10.000 Personen.

Thunberg demonstriert seit vergangenem Sommer jeden Freitag - also meistens während der Schulzeit - für mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz. Ihr Schulstreik hat weltweit Menschen zu Klimademonstrationen inspiriert.

Vor der Aktivistin liegen eine Reihe von Klimakonferenzen, Protesten und weiteren Terminen. Der Jugend-Klimagipfel der Vereinten Nationen in New York startet am 21. September, ihm folgt zwei Tage später der UNO-Klimagipfel mit Staats- und Regierungschefs vor der Generalversammlung.

Steinmeier unterschreibt Van der Bellen-Appell

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichnete unterdessen den Klimaappell von Bundesprädient Alexander Van der Bellen. Damit unterstützen mittlerweile 32 Staats- und Regierungschefs Van der Bellens Appell. Vor dem Klimagipfel der Vereinten Nationen in New York am Montag erklären sie darin: "Unsere Generation ist die erste, die den rasanten weltweiten Temperaturanstieg zu spüren bekommt, und wahrscheinlich die letzte, der es noch gelingen kann, eine drohende weltweite Klimakrise abzuwenden."

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Klimademo in Nikosia (Zypern)

Die Auswirkungen seien gut dokumentiert und überall auf dem Planeten spürbar: "Hitzewellen, Überschwemmungen, Dürren und Schlammlawinen treten mit nie gekannter Häufigkeit auf, die Gletscher schmelzen ab und der Meeresspiegel steigt." Wasserknappheit und Ernteausfälle seien nur zwei der unmittelbaren Folgen, die ihrerseits wiederum verheerende Auswirkungen wie Hunger und Flucht nach sich zögen.

Die Staats- und Regierungschefs beklagen, dass die aktuellen Maßnahmen der internationalen Staatengemeinschaft nicht ausreichen, um die im Klimaabkommen von Paris niedergelegten langfristigen Ziele zur Begrenzung der Erderhitzung zu erreichen. "Es muss mehr getan werden - und zwar schnell, entschlossen und gemeinsam." Weiter erklären sie: "Wir appellieren an die internationale Staatengemeinschaft und an alle Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris: Handeln wir gemeinsam, entschlossen und schnell, um die globale Klimakrise aufzuhalten!" Alle seien dringend aufgerufen, 2019 zum Jahr der ambitionierten Klimapolitik zu machen und zum UN-Klimaaktionsgipfel mit konkreten Plänen und Initiativen dafür anzureisen.

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Frankreich, Spanien, Italien, Schweden sowie Südkorea, Finnland, Griechenland und Ungarn.

 

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