ÖVP in Vorarlberg unter Druck: Steht FPÖ kurz vor historischem Wahlerfolg?
Nur zwei Wochen nach der Nationalratswahl steht die Vorarlberger Landtagswahl an. Die Ausgangslage dafür verspricht Hochspannung: Laut Umfrage ist der Abstand zwischen ÖVP und FPÖ auf den ersten beiden Plätzen nur gering.
Während aber manche schon von der großen Sensation träumen, könnte der Wahlsonntag auch für die ÖVP gut enden.
Bei der Landtagswahl 2019 landete die ÖVP bei 43,53 Prozent (plus 1,74), damit war sie allen anderen Parteien mehr als deutlich voraus. Auf Platz zwei lagen die Grünen als Regierungspartner der ÖVP mit einem Stimmenanteil von 18,89 Prozent (plus 1,75) noch vor den von "Ibiza-Gate" erschütterten FPÖ (13,93 Prozent, minus 9,49).
Es folgten die in Vorarlberg traditionell schwache SPÖ (9,46 Prozent, plus 0,69) und die Neos (8,51 Prozent, plus 1,62), die beide unterhalb der Zehn-Prozent-Schwelle blieben.
Eine von den Vorarlberger Nachrichten in Auftrag gegebene Umfrage aus der zweiten August-Hälfte hingegen deutet - wenig überraschend - auf schwere ÖVP-Verluste (31 Prozent), eine Verdoppelung des FPÖ-Ergebnisses von 2019 (28 Prozent) und stabile Grüne (17 Prozent) hin. Der Schwankungsbreite der Umfrage zufolge könnte die ÖVP aber auch bei rund 35 Prozent liegen, die FPÖ bei „nur“ 25 Prozent - womit doch wieder ein Respektabstand zwischen Platz eins und Platz zwei bestehen würde.
Landtagswahl Vorarlberg 2024: Was möglich wäre
Mit einiger Sicherheit lässt sich jedoch jetzt schon sagen, dass die Vorarlberger ÖVP, die über Jahrzehnte absolute Mehrheiten einfuhr, am 13. Oktober schlechter abschneiden wird als jemals zuvor seit 1945. Der bisherige Tiefstpunkt geht auf die Landtagswahl 2014 und einen Stimmenanteil von 41,79 Prozent zurück.
Selbst für die Parteistrategen ist ein Ergebnis jenseits der 40 Prozent derzeit Utopie. Für die FPÖ liegt hingegen ihr Bestwert von 27,41 Prozent aus dem Jahr 1999 in Schlagdistanz. Der Urnengang 1999 war auch jene Landtagswahl, die den bisher knappsten Abstand zwischen Platz eins und zwei gebracht hat. Die Differenz betrug damals zwar stattliche 18,35 Prozentpunkte. Mit Ausnahme von 2014 (18,37 Prozent) machte der Abstand zwischen den beide stimmenstärksten Wahlwerbern seit den 1970er-Jahren aber üblicherweise zwischen 25 und 29 Prozentpunkten aus.
Dementsprechend mutet ein ÖVP-Vorsprung von drei Prozentpunkten - wie ihn die Umfrage ausweist - geradezu wie aus einer anderen Welt an. Die FPÖ will als eines ihrer Wahlziele einen möglichst knappen Abstand zur ÖVP erreichen, einzelne dürften sogar mehr erhoffen. Umgekehrt würden sich bei der ÖVP bei einem solchen Wahlausgang intern viele Fragen stellen.
Im für die Partei schlechtesten Fall könnte sogar Parteichef Landeshauptmann Markus Wallner unter Druck geraten. Jedenfalls dürfte die Ausgangslage zu einer starken Mobilisierung beitragen, wie es schon 2009 der Fall war: Der "Juden-Sager" des FPÖ-Spitzenkandidaten Dieter Egger und die damit verbundene ÖVP-Ankündigung, die FPÖ aus der Regierung zu schmeißen, verwandelte die Wahl in einen „Zweikampf“ und ließ die Wahlbeteiligung auf 68,44 Prozent ansteigen - ein Wert, der seit der Aufhebung der Wahlpflicht vorher und nachher nicht erreicht wurde. Ein Effekt der Wahlkampf-Zuspitzung auf ÖVP und FPÖ war ebenso, dass für alle anderen Parteien nur wenig übrig blieb.
Freilich kann es aber auch anders kommen: Die ÖVP schafft 35 Prozent, hat einige Prozentpunkte Vorsprung auf die FPÖ und kann bei der Regierungsbildung anstatt auf die FPÖ wie seit 2014 auch auf die Grünen setzen. Das würde neben den FPÖ-Verantwortlichen wohl auch die Vorarlberger ÖVP-Politiker strahlen lassen.
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