Wie eine Brücke auf der A13 dem drohenden Kollaps entgegenrostet

Wie eine Brücke auf der A13 dem drohenden Kollaps entgegenrostet
Ein Lokalaugenschein an der Luegbrücke zeigt, wie marod dieses Bauwerk ist. Und wie sich die Asfinag gegen eine Katastrophe absichert.

Babumm. Babumm. In einem Hohlraum im Bauch der Luegbrücke ist das dumpfe Geräusch zu hören, das die Autos und Sattelschlepper beim Überqueren der einzelnen Fahrbahnteile an der Oberfläche verursachen. Genau an diesen Übergängen, die je nach Temperatur größer oder kleiner werden, krankt das auf Pfeilern errichtete und 1968 in Betrieb gegangene Bauwerk. 

Hier dringt im Winterdienst aufgebrachtes und später von Regen- oder Schmelzwasser heruntergespülte Salz in die Konstruktion ein, die unmittelbar vor dem Brennerpass im hochalpinen Gelände steht. Das setzt ihr massiv zu. „Wenn es schneit, müssen wir salzen. Und Salz und Stahl vertragen sich nicht so gut“, bringt Thomas Gabl, Bauwerkexperte der Asfinag, das Problem bei einem Lokalaugenschein auf den Punkt. 

Und dieses könnte sich in den kommenden Jahren zu einem Chaos für den innereuropäischen Verkehr auswachsen.

Wie eine Brücke auf der A13 dem drohenden Kollaps entgegenrostet

Im Hohlkasten unter der Fahrbahn der Luegbrücke

Denn die Luegbrücke ist derart marod, dass sie 2025 in jede Richtung nur noch einspurig befahren werden kann, um die auf den Bau wirkende Last zu reduzieren. Sie ist mit 1,8 Kilometern Länge die längste Brücke der Brennerautobahn. Und über die sind 2023 so viele Fahrzeuge gefahren wie noch nie – genauer gesagt 14,36 Millionen Pkw, Busse und Lkw. Hier verläuft kurzum die wichtigste Alpenquerung Europas. 

"Absolutes Chaos verhindern"

„Ein absolutes Chaos versuchen wir hier zu vermeiden“, sagt der für die A13 zuständige Asfinag-Chef Stefan Siegele. Schon jetzt wird, unter anderem mit dem Land Tirol, an möglichen Maßnahmen getüftelt. Er hält aber auch fest: „Wir würden hier eigentlich seit 2022 über eine neue Brücke fahren.“

Wie eine Brücke auf der A13 dem drohenden Kollaps entgegenrostet

Thomas Gabl und  Peter Augschöll sind in Tirol gewissermaßen die obersten Brückenwarte der Asfinag

Das Bauwerk
Etwa ein Drittel der 33 Kilometer langen Brennerautobahn (A13) in Tirol verläuft über Brücken. Die 1968 in Betrieb genommene Luegbrücke ist mit 1,8 Kilometern die längste von ihnen.

Zerfallserscheinungen
Die Asfinag möchte seit Jahren eine neue Brücke als Ersatz für das marode Bauwerk errichten. Politischer Widerstand hat das verhindert. Rost frisst sich durch den Brückenstahl.

Auswirkungen

2025 kann nur noch eine Fahrspur je Richtung über die Brücke geöffnet bleiben. Damit soll Last von dem Bauwerk genommen werden. Ob die Maßnahme im Frühjah, Sommer oder Herbst starten muss, hängt von einer derzeit laufenden Hauptprüfung ab.

Eigentlich, weil es gegen den geplanten Neubau massiven Widerstand aus der Region gegeben hat. Gefordert wurde der Bau eines Tunnels, um den überbordenden Verkehr in den Berg zu verlagern. Die Landespolitik hat sich davon verabschiedet. Der Bürgermeister der Standortgemeinde Gries am Brenner, Karl Mühlsteiger (ÖVP), hält bis heute an seinem Widerstand fest.

Derzeit liegt ein Einspruch von ihm gegen den im Vorjahr vom Verkehrsminsterium erlassenen Trassenbescheid beim Landesverwaltungsgericht. Weitere Einsprüche könnten folgen. Ausgang und Länge des Dauerstreits ist ungewiss.

Derweil hat die Luegbrücke eigentlich schon das Ende ihrer Lebensdauer erreicht. „Sie korrodiert flott dahin“, sagt Gabl. Und zwar an Stellen, an die man für eine Sanierung nicht rankommt. Seine Kollege Peter Augschöll erklärt: „Die einzige Möglichkeit, die wir noch haben, ist eine Reduzierung der Belastung.“

Wie eine Brücke auf der A13 dem drohenden Kollaps entgegenrostet

An dem roten Kran werden Experten zur Hauptkontrolle unter die Brücke gebracht

Derzeit läuft eine sogenannte Hauptprüfung des Stahlbetonriesen, bei der letzten setzte es einen Fünfer. „Wir schauen uns jeden Quadratzentimeter der Brücke an“, so Gabl. Das Ergebnis wird nicht darüber entscheiden, ob der Verkehr im kommenden Jahr auf diesem A13-Teilstück reduziert werden muss, sondern nur ob das, wie Siegele sagt, „im Frühjahr, Sommer oder Herbst“ starten muss. 

Schon jetzt wird die Luegbrücke von Sensoren überwacht und an mehreren Stellen sind Stahlgerüste unter die Fahrbahn gesetzt worden – und zwar um diese im schlimmsten Fall der Fälle vor einem Absturz zu bewahren. „Diese Unterstellungen verhindern Genua, einen Totalkollaps“, sagt Augschöll auf das Brückenunglück in der italienischen Hafenstadt im Jahr 2018 angesprochen. „Da wollen wir aber nicht hin.“

Er spricht jedenfalls von einem "Wettlauf gegen die Zeit". Die Frage ist, ob die neue Brücke gebaut und fertiggestellt werden kann, ehe die bestehende Luegbrücke komplett für den Verkehr gesperrt werden muss. Auch das ist ein Worst-Case-Szenario, an das eigentlich lieber keiner denken will.

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