Pflegerin auf OP-Tisch festgebunden: Arbeitskollegen standen vor Gericht

Pflegerin auf OP-Tisch festgebunden: Arbeitskollegen standen vor Gericht
Vier Ex-Pfleger mussten sich im Landesgericht verantworten. Ihre Anwälte plädierten auf "nicht schuldig". Der Prozess wurde schließlich vertagt.

Nachdem eine Pflegerin Ende Februar 2023 von Arbeitskollegen im Landeskrankenhaus Hall in Tirol auf einem Operationstisch fixiert und dort rund 15 Minuten festgehalten worden sein soll, haben sich diese am Donnerstag am Landesgericht Innsbruck unter anderem wegen Freiheitsentziehung, schwerer Nötigung und schwerer Körperverletzung verantworten müssen. Die vier Verteidiger plädierten zu Beginn des Prozesses in diesen Punkten auf „nicht schuldig.“

Es sei nämlich bei der Morgenbesprechung klar vereinbart worden, eine komplexe Operation üben zu müssen, argumentierten die Anwälte in ihren Eröffnungsplädoyers unisono. Von einem „bewussten, geplanten Zusammenwirken“ oder gar einer strafrechtlich relevanten Tat könne damit keine Rede sein. Auch der Erstangeklagte schloss sich in seiner Befragung vor Richter Paul Menardi dieser Argumentationslinien an: „Alles war vereinbart.“ Lange Zeit sei bei der Übung auch auf kollegiale Weise „gelacht worden“, führte er aus.

"Hat mitgelacht"

Das Opfer habe jedenfalls gewusst, dass die Operation geübt habe werden müssen, da eine solche komplizierte OP tatsächlich zeitnah anstand, betonte die Verteidigung. „Mein Mandant hatte keine Übung bei dieser Operation, deshalb war die Übung notwendig“, erklärte eine weitere Verteidigerin. Fakt sei aber, dass eine „heitere, ausgelassene Stimmung geherrscht“ hat, argumentierte man, die erst dann gekippt sei, als Fotos von dem mutmaßlichen Opfer in einer knienden Position gemacht wurden: „Dann haben die vier Angeklagten die Frau aber sofort losgebunden.“

Keinesfalls sei die festgehaltene Frau - die damals als Operationsassistentin arbeitete - das „sensible Opfer“, als das sie nunmehr dargestellt werde. „Sie hat auch immer wieder derbe Späße mit ihren Arbeitskollegen gemacht“, hielt der Verteidiger des Erstangeklagten fest. Auch er stellte nicht in Zweifel, dass die angefertigten Fotos „der Eskalationspunkt“ waren. Es habe aber im OP-Saal „ein ganz eigener Humor geherrscht“, konstatierte der Verteidiger des Drittangeklagten. Zudem habe die Frau „mitgelacht“.

Psychologische Folgen

Die Staatsanwältin hatte in ihrem Eröffnungsplädoyer ein anderes Bild gezeichnet. „Das Opfer hat mehrfach gesagt, dass man sie losbinden soll.“ Dass es kein Scherz gewesen sei, erschließe sich allein schon aus der Tatsache, dass die Frau mit psychologischen Folgen zu kämpfen habe und auch lange krankgeschrieben war. „Das Opfer hat sehr gelitten“, fasste sie die Situation zusammen. 

Eine „Anpassungsstörung“ attestierte ihr auch die Sachverständige Gabriele Wörgötter. „Fakt ist, dass die Frau vorher gesund genug war, um ihren Alltag und ihren Beruf problemlos zu bewältigen“, erklärte die Psychiaterin. Nunmehr sei sie krank und „vorerst arbeitsunfähig“. „Sie hat Angst und leidet unter einer depressiven Störung“, so Wörgötter weiter. Das damalige Ereignis im Krankenhaus sei jedenfalls dazu geeignet, um diese Symptome auszulösen, strich sie heraus.

Die vier Angeklagten im Alter von 48, 45, 50 und 31 Jahren sollen laut Staatsanwaltschaft im Februar letzten Jahres ihre Arbeitskollegin unter dem Vorwand, die Lagerung für eine Operation zu üben, bäuchlings kniend mit gespreizten Beinen mit Klettgurten auf einem OP-Tisch festgebunden haben. Trotz ihrer wiederholten Aufforderung sie loszumachen, soll sie erst losgebunden worden sein, nachdem der Drittangeklagte mit einem Edding-Stift einen Anus und eine Vagina auf ihre Arbeitshose aufgezeichnet hatte. 

Der Zweit- und der Viertangeklagte sollen zudem währenddessen von der Frau Fotos in dieser Position angefertigt haben. Die vier nach dem Vorfall suspendierten Mitarbeiter hatten damals angegeben, dass sich um einen „Scherz“ gehandelt habe.

Nach einem langen Verhandlungstag wurde der Prozess am Donnerstag schließlich vertagt. Beim nächsten Verhandlungstag, der innerhalb von zwei Monaten stattfinden wird, soll eine Reinigungskraft einvernommen werden, die die Ereignisse mitbekommen hatte. Auch die rund zweistündige kontradiktorische Einvernahme des mutmaßlichen Opfers soll vorgespielt werden.

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