Bausperre: Immobilien-Investoren drohen Gemeinderäten mit Strafrecht

Bausperre: Immobilien-Investoren drohen Gemeinderäten mit Strafrecht
Das Stadtparlament will ein umstrittenes Projekt am Donnerstag auf Eis legen, weil es keinen Beitrag zum leistbaren Wohnen leiste.

Im dörflich geprägten Stadtteil Amras im Osten von Innsbruck gehen seit bald zwei Jahren die Wogen hoch. Überspitzt formuliert, soll hier ein Acker durch die Errichtung von frei finanzierten Wohnungen in Betongold umgewandelt werden. Anrainer des Grundstücks laufen Sturm.

In der Gemeindratssitzung am Donnerstag soll nun eine Bausperre für das Areal beschlossen werden. Planungsstadträtin Janine Bex (Grüne) spricht von einer "Nachdenkpause": "Wir möchten die Zeit nutzen, um mit allen Partnern am Tisch eine gemeinsame Lösung im Sinne der Bevölkerung zu finden." 

Warnung vor der Abstimmung

Die Bausperre in Amras solle "als Chance verstanden werden." Die Projekt-Gesellschaft "Amraser-See-Straße Immobilien GmbH & Co KG" der PEMA des Innsbrucker Investors Markus Schafferer und der UBM haben offenkundig eine komplett andere Sichtweise auf die geplante Maßnahme.

Sie droht den Gemeinderäten vor ihrer Sitzung unverhohlen mit rechtlichen Schritten, wie die KPÖ Innsbruck publik gemacht hat.

In einem Schreiben an alle Mandatare wird angekündigt, man werde "alle Mittel, die uns der Rechtsstaat gibt" ausschöpfen. Hervorgehoben wird dabei ein Punkt eines beigefügten Rechtsgutachtens, das eine Bausperre als "unsachlichen und unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum bewertet".

"Strafrechtliche Konsequenzen"

Dort wird gewarnt, dass im Falle einer Aufhebung der etwaigen Bausperre durch den Verfassungsgerichtshof "von einem amtshaftungsrechtlichen Schadenersatzanpruch" der Immo-Gesellschaft gegenüber der Stadt Innsbruck auszugehen sei. Und - hier wird es persönlich - "auch strafrechtliche Konsequenzen der stimmführenden Gemeinderäte denkbar" seien.

Heißt im Klartext: Wer am Donnerstag für die Bausperre stimmt, dem wird von der Projektgesellschaft mit rechtlichen Folgen gedroht. 

„Hier wird auf Kosten der Menschen mit dem Grundbedürfnis Wohnen spekuliert. Und jetzt drohen diese Spekulanten auch noch den gewählten Vertreten der Stadt, sollten sie ihr Betongold-Projekt nicht durchwinken", ist KPÖ-Klubobfrau Pia Tomedi empört.

"Den Gemeinderat vor einer Abstimmung auf diese Art und Weise zu beeinflussen und zu einem gewissen Stimmverhalten drängen zu wollen, ist ein perfides Mittel", sagt Liste Fritz-Gemeinderätin und Parteiobfrau Andrea Haselwanter-Schneider. "Der Innsbrucker Gemeinderat darf sich nicht von einer Immo-Firma treiben lassen, bei der nun die Zeit drängt, weil sie Millionen Euro für eine grüne Wiese bezahlt hat."

Gelassene Reaktion von Anzengruber

Im Büro von Bürgermeister Johannes Anzengruber nimmt man die Drohgebärde gelassen. "Wir möchten diese Bausperre verhängen. Das ist ein Instrument, das gesetzlich vorgesehen ist", heißt es. In besagter Nachdenkpause gehe es darum, dass ein "sozial verträgliches, nachhaltiges" Projekt entwickelt wird, das für Stadtteilzufriedenheit sorgt.

Aktuell wird in den Plänen der Immobilien-Entwickler jedoch eine "riesige Überbauung in dörflicher Umgebung" gesehen. 

Bausperre: Immobilien-Investoren drohen Gemeinderäten mit Strafrecht

Seitdem das Vorhaben im Vorjahr publik wurde, haben sich die politischen Verhältnisse in Innsbruck nach der Gemeinderatswahl im heurigen Frühjahr neu sortiert. Der neue Bürgermeister Anzengruber hat gemeinsam mit Grünen und SPÖ eine Koalition gebildet. Und diese habe "ein klares politisches Mandat, für die Bevölkerung leistbaren Wohnraum zu schaffen."

Laut Planungsstadträtin Bex "wird die Verordnung einer Bausperre von fachlicher Seite empfohlen. Dadurch können eben mögliche bauliche Entwicklungen, die diesen genannten Zielen widersprechen, frühzeitig verhindert werden."

Bei dem Areal handelt es sich um ein 8.000 Quadratmeter großes Grundstück, das ursprünglich eine Hofstelle samt Acker war und in Mischgebiet liegt. Ein Jungbauer hatte es von einem kinderlosen Landwirt geerbt und es 2022 um 9,4 Millionen Euro an die PEMA verkauft.

Für 22,25 Millionen Euro verkauft

Die verkaufte es in der Folge um 22,25 Millionen Euro an die gemeinsame Projektgesellschaft mit dem Bauträger UBM weiter. Gemeinsam wollte man in sieben Baukörpern 180 frei finanzierte Wohnungen errichten. Die Investoren verweisen darauf, dass sie das Projekt - obwohl es aus ihrer Sicht keine Pflicht für einen Bebauungsplan gibt - redimensioniert haben.

Das Projekt sei in Absprache mit Stadtplanung und Gestaltungsbeirat bereits um circa 20 Prozent verkleinert worden – von sieben auf sechs Baukörper, von sechs auf fünf oberirdische Geschoße, hatten die Investoren zuletzt gegenüber der Tiroler Tageszeitung argumentiert.

In ihrem Schreiben erklärt die "Amraser-See-Straße"-Gesellschaft nun, dass ein mit Stadtplanung und Gestaltungsbeirat abgestimmtes Projekt vorliegt. Tatsächlich sehen diese aber laut KURIER-Informationen nicht die "geforderte Reduktion der Baumasse auf eine städtebaulich verträgliches Maß". 

Die Unternehmer beklagen darüber hinaus, dass sie keine Termine bei den Verantwortlichen der Stadt erhalten. Dem hält Stadträtin Bex auf Anfrage entgegen: "Ich habe Mitte Juli mit den Projektwerbern ein Gespräch zum Projektvorhaben und den stadtplanerischen Zielen sowie den Inhalten im Zukunftsvertag bei mir im Büro geführt."

Die Vorstellungen, was leistbarer Wohnraum ist, dürften in jedem Fall weit auseinandergehen. 

Durch die Verkleinerung des Projekts erhöhen sich laut Investoren die ursprünglich geplanten Quadratmeterpreise. Mit voraussichtlich ab 7000 Euro/m² liege man aber weiterhin deutlich unter Innsbrucker Marktniveau, wurde gegenüber der Tiroler Tageszeitung argumentiert.

Eine 100-Quadratmeter-Wohnung würde damit am Stadtrand nahe der Hauptverkehrsachse Südring, dem Einkaufszentrum Dez und der Autobahnauffahrt Ost ab 700.000 Euro aufwärts kosten. 

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