Was ist im Landtag nicht erlaubt? "Rumoren, balgen, schlagen"
Daß niemand wer der auch seyn mag sich unterstehe in dießem hochbefreyten Landthaus zu rumoren die Tolch oder Brodmeßer zu zucken zu palgen und zu schlagen oder Maulstreiche auszugeben.
(Aus der "Rumortafel")
Seit mehr als 500 Jahren hängt die sogenannte "Rumortafel" neben dem Hauptportal des Landhauses in Graz, wo der Landtag seinen Sitz hat sowie Teile der Landesregierung und -verwaltung.
Heute regelt die von Abgeordneten beschlossene Geschäftsordnung, was in der Landstube, dem Sitzungssaal, erlaubt ist und was nicht. 1588 gab der Landesfürst die Regeln vor.
Wenn am 24. November der steirische Landtag neu gewählt wird, hat dieses Gremium abseits vom Namen durchaus noch so einiges mit dem ursprünglichen Begriff zu tun: Die Mandatarinnen und Mandatare werden zwar seit den ersten freien und gleichen Wahlen 1919 demokratisch bestimmt.
Aber schon viele Hundert Jahre lang zuvor traten die Stände (Adel, Bürger, Bauern) in Landtagen zusammen.
Damals wie heute hat der Landtag auch mit Finanzen zu tun: Die Landstände hatten das Recht, den Landesfürsten zu beraten und zu helfen, wobei die Hilfe meist Geld meinte, Steuern. Ihr Recht auf Steuerbewilligung sahen die Stände als ihr großes Plus an. Auch heute hat nicht die Landesregierung die Budgethoheit, sondern der Landtag.
Was der Begriff eigentlich meinte
Wobei Landtag eigentlich einst die Zusammenkunft per se meinte und nicht den Ort, an dem diese abgehalten wurden: Bis Ende des 15. Jahrhunderts wurden die Landtage, einberufen vom Landesfürsten, an unterschiedlichen Orten durchgeführt.
1494 entschlossen sich die steirischen Stände aber, dafür ein eigenes Gebäude zu errichten und dauerhaft sesshaft zu werden.
Damit schufen sie auch gleich einen räumlichen Gegenpart zum Landesherrscher bzw. dessen Vertreter, der in der Burg residierte.
dell’Allios Prachtbau
Die Stände erwarben ihr erstes Gebäude in der heutigen Herrengasse in Graz und kauften über die Jahrzehnte Nachbargebäude dazu.
Mitte des 16. Jahrhunderts hatten sie genug Geld und Macht, um einen der wichtigsten Baumeister seiner Zeit zu verpflichten, Domenico dell’Allio: Er schuf den Haupttrakt des Prachtbaus, das Gebäude wurde bis zum 19. Jahrhundert erweitert und adaptiert. Heute gilt das Landhaus als einer der bedeutendsten Renaissancebauten Mitteleuropas.
Während ihre Heimstatt immer mehr ausgebaut wurde, schwand jedoch die faktische Macht der Landstände, das hatte auch mit der Ausweisung der Protestanten im 17. Jahrhundert zu tun. Die Stände verloren ihr Interesse an den Landtagen, die Zusammenkünfte wurden zur Formsache und die Wünsche, also die Forderungen nach mehr Geld und Steuern, durchgewunken.
Mit Maria Theresias Regentschaft erreichte diese Entwicklung einen Höhepunkt: Sie nahm den Landständen de facto die Steuerhoheit, da sie die Steuern nun für zehn Jahre im Voraus bewilligen mussten.
Verwaltungsreformen und Entmachtung der Grundherren machten den Landtag bedeutungslos. Im Revolutionsjahr 1848 löste sich der Landtag selbst auf, um erst 1861 mit einer Landesordnung für die Steiermark wiederzukehren. Die Landstände waren da längst Geschichte, der Landtag wurde nach Kurienwahlrecht gekürt, das nach der Steuerleistung ausgerichtet war.
Im Kaiserreich wurde erst 1907 das allgemeine Wahlrecht eingeführt, das nicht von Geld und Besitz abhing – allerdings galt es nur für Männer, Frauen durften erst nach dem Ende der Monarchie wählen.
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